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Ohr nach Festnahme abgeschnitten Russische Sicherheitskräfte foltern IS-Terroristen

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Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat bekennt sich zu dem Anschlag in Moskau, doch die russische Führung zeigt mit dem Finger lieber auf die Ukraine. Ein Foltervideo der russischen Sicherheitskräfte nährt den IS-Verdacht: Das Opfer ist auch in einem Propagandavideo zu sehen.

"Mach den verdammten Mund auf", raunt eine Stimme aus dem Hintergrund einen jungen Mann an. Dieser blickt mit blutverschmiertem Gesicht und T-Shirt, aufgeplatzter wie geschwollener Nase sowie einem dicken Verband um den Kopf herum in die Kamera. "Du hast nur noch ein Ohr", droht die Stimme wütend. Ein weiteres Video aus einem Waldstück klärt auf: Darin wird der am Boden liegende und gefesselte Mann von den Sicherheitskräften gezwungen, sein Ohr zu essen, nachdem es offenbar kurz zuvor abgeschnitten wurde.

Es sind verstörende Aufnahmen, die russische Sicherheitskräfte nach dem Terroranschlag in der Crocus City Hall offenbar als Beleg für ihre erfolgreiche Jagd auf die Täter veröffentlicht haben und die gleichzeitig erneut nahelegen: Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) ist für den Anschlag mit mindestens 133 Toten am Freitagabend bei Moskau verantwortlich.

IS-Terrorist gefasst

Denn der junge Mann aus dem Video der russischen Sicherheitskräfte findet sich auch in einer anderen Aufnahme wieder: Der IS hatte sie fast zeitgleich auf Telegram in einem Kanal verbreitet, der vom IS-Propagandaorgan Amaq betrieben wird. In dem nicht weniger verstörenden Material sind mehrere Männer zu hören und zu sehen, die mit Sturmgewehren und Messern bewaffnet sind und sich offenbar in der Eingangshalle der Crocus City Hall befinden. Dann betritt einer der Männer den Konzertsaal und feuert augenscheinlich aus nächster Nähe auf mehrere Besucher und tötet sie. Um sie herum liegen zahlreiche leblose Körper, im Hintergrund ist ein Feuer zu sehen.

Die Gesichter und Stimmen der Angreifer sind in der anderthalb Minuten langen IS-Aufnahme unkenntlich gemacht worden, dennoch kann der Verdächtige aus dem Video der russischen Sicherheitskräfte in das Terrorvideo des IS verortet werden: In der IS-Aufnahme fehlt das Blut, doch der junge Mann trägt in beiden Aufnahmen dasselbe beigefarbene T-Shirt. In beiden Aufnahmen deckt sich zudem der Aufdruck des T-Shirts. Auch die Schuhe sind identisch, wie Beobachter im Netz erkennen.

Mindestens in zwei Fällen scheinen die russischen Sicherheitskräfte also die richtigen Täter gefasst zu haben, denn auch ein weiter Mann, der in der IS-Aufnahme zu erkennen ist, wird von russischen Ermittlern später als Terrorist präsentiert.

"Meine Freunde kennen die Stadt besser"

Der Terrorist, dem die russischen Sicherheitskräfte das Ohr abgeschnitten haben, stellt sich in deren Aufnahme auf Nachfrage als Rajab Ali Zada vor. Mit viel Mühe kann er zudem auf Russisch mitteilen, dass er am 4. Februar geboren und 30 Jahre alt ist. Wo er sein Sturmgewehr weggeworfen habe, könne er nicht sagen. "Meine Freunde kennen die Stadt besser", erklärt er. Das Verifkationsteam von ntv kann die Angaben bestätigen, auch wenn der junge Mann in der Aufnahme aufgrund der schweren Gesichtsverletzungen sehr undeutlich spricht.

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Unklar bleibt, woher der junge Mann stammt. Russische Medien, ein russischer Abgeordneter, aber auch russische Sicherheitskräfte selbst hatten die Verdächtigen im islamisch geprägten Tadschikistan verortet. Die primäre Amtssprache der zentralasiatischen Republik ist das Tadschikische, ein Dialekt der persischen Sprache. Auch Russisch wird vielfach gesprochen, vorwiegend aufgrund der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und der ehemaligen Sowjetrepublik. An vielen Schulen ist Russisch Pflichtfach.

Dies passt zu dem Bekenntnis, das der IS wenige Stunden nach dem Anschlag ebenfalls über das Propagandaportal Amaq verbreitet hatte, von der russischen Führung bislang allerdings ignoriert wird, weil sie versucht, eine Verbindung zur Ukraine herzustellen. In dem Bekenntnis übernahm der Ableger "Islamischer Staat Provinz Khorasan" die Verantwortung für die Tat, der mit ISPK oder ISIS-K abgekürzt wird. Nach Angaben von Terrorismusexperten bezeichnet Khorasan eine historische Region in Zentralasien, die neben Afghanistan auch Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan umfasste.

Quelle: ntv.de

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