Politik

"Wir sind kampfbereit" SPD beschließt einstimmig ihr Wahlprogramm

SPD-Chef Schulz (M.), Generalsekretär Heil und Parteivize Manuela Schwesig bei der Abstimmung.

SPD-Chef Schulz (M.), Generalsekretär Heil und Parteivize Manuela Schwesig bei der Abstimmung.

(Foto: REUTERS)

Die Sozialdemokraten machen sich selbst Mut. Nach einem kämpferischen Auftritt von Altkanzler Schröder und einer Rede von Kanzlerkandidat Schulz beschließt die SPD einstimmig ihr Wahlprogramm. In einem Punkt unterliegt aber die Parteispitze.

Die SPD hat auf ihrem Parteitag in Dortmund einmütig ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl im September beschlossen. Es gab keine Gegenstimmen und eine Enthaltung für das Papier mit dem Namen "Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit".

"Wir sind kampfbereit", sagte Generalsekretär Hubertus Heil nach der Abstimmung in der Westfalenhalle. Die SPD habe das beste Programm für Deutschland.

Die Sozialdemokraten ziehen unter anderem mit der Forderung nach Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen und höheren Steuern für Spitzenverdiener in den Wahlkampf. Kitas sollen gebührenfrei werden. Die Ehe soll auch für Schwule und Lesben geöffnet werden. Die Ehe für alle hatte Kanzlerkandidat Martin Schulz in seiner Rede zur Bedingung für eine Koalition nach der Bundestagswahl erklärt. Um das umstrittene Thema Vermögensteuer wird sich eine Kommission kümmern.

Allerdings stellte sich der Parteitag auch gegen weitere Abschiebungen nach Afghanistan. Ein entsprechender Änderungsantrag zum Wahlprogramm wurde mehrheitlich gegen den Willen der Parteispitze angenommen. "Wir werden bis auf weiteres keine Abschiebungen nach Afghanistan vornehmen", heißt es ohne weitere Einschränkungen in dem Text. Außerdem wolle man niemanden abschieben, der oder die seit mindestens zwei Jahren in Deutschland lebt, hier nicht straffällig geworden ist und Arbeit hat oder zur Schule geht. Schulz sagte aber der ARD, der Abschiebestopp gelte "auf keinen Fall" für Kriminelle und Gefährder.

"Anschlag auf die Demokratie"

Schulz hatte zuvor in seiner Parteitagsrede die Union und Kanzlerin Angela Merkel angegriffen. Er warf CDU und CSU vor, sich vor Inhalten zu drücken und damit die Wähler einzulullen. Kanzleramt und CDU-Parteizentrale würden "systematisch die Debatte um die Zukunft des Landes verweigern", so der Chef der Sozialdemokraten. Damit nehme die Union von Kanzlerin Merkel bewusst in Kauf, dass weniger Bürger zur Wahl gingen. "Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie", sagte er vor 600 Delegierten und Tausenden Anhänger.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber bezeichnete die Kritik von Schulz als völlig daneben. "So groß darf Verzweiflung niemals sein, dass wir Demokraten uns Anschläge auf die Demokratie vorwerfen", twitterte er. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der "Passauer Neuen Presse" zur Schulz-Rede: "Seine persönlichen Attacken gegen die Kanzlerin verpuffen und zeigen die riesige Ratlosigkeit der SPD."

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir kritisierte das Wahlprogramm mit Blick auf den Klimaschutz. "Die SPD betreibt Etikettenschwindel - sie redet zwar von Klimaschutz, macht aber keinen", sagte er. Die Sozialdemokraten sagten nichts zum Ausstieg aus der Kohleenergie. Zudem wolle die SPD bis 2050 lediglich "weitestgehend" auf erneuerbare Energien umsteigen - "ohne ein klares Instrument vorzuschlagen".

Die SPD wolle für mehr Gerechtigkeit sorgen und dafür, dass "starke Schultern mehr tragen müssen", sagte Schulz weiter. In den Mittelpunkt seiner kämpferischen, aber selten mitreißenden Rede stellte er die Themen Gerechtigkeit, Innovation und die Erneuerung Europas. Von den Delegierten und Anhängern wurde Schulz mit neun Minuten dauerndem Applaus und "Martin, Martin"-Sprechchören gefeiert.

"Venceremos!"

Einer neuen Aufrüstungsspirale erteilte der SPD-Chef ebenso eine klare Absage wie einer Erhöhung des Wehretats auf mittelfristig zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie es die USA fordern. Nachdrücklich bekannte sich der frühere EU-Parlamentspräsident zu einem "toleranten und weltoffenen Europa", das "den Menschen in den Mittelpunkt stellt". Er wandte sich gegen das "Leitkulturgefasel" der Union und warb für "Vielfalt und Toleranz".

Zuvor hatte Altkanzler Gerhard Schröder seiner Partei Mut für den Bundestagswahlkampf gemacht und die Sozialdemokraten zum Kämpfen aufgerufen. "Nichts ist entschieden", versicherte der ehemalige SPD-Chef. "Es ist noch viel Zeit, um die Stimmung zu drehen." Nötig seien Disziplin, Geschlossenheit, aber auch Selbstbewusstsein.

Die SPD müsse bis zum Wahltag um jede Stimme kämpfen, sagte Schröder, der von 1998 bis 2005 im Kanzleramt saß. Die Partei müsse das Kanzleramt aber auch wollen. "Nur wer dieses Amt unbedingt will, wird es auch bekommen", mahnte er. Martin Schulz habe deutlich gemacht, dass er Kanzler werden wolle. "Auf in den Kampf! Venceremos! (Wir werden siegen)", sagte Schröder zum Abschluss seiner Rede.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

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