Hartz-IV-Reform gescheitert SPD erzwingt Verhandlungen
17.12.2010, 16:55 Uhr
Die SPD wirft Ursula von der Leyen vor, die Reform verschleppt zu haben.
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Die schwarz-gelbe Hartz-IV-Reform scheitert im Bundesrat. Die Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro wird nicht zum 1. Januar ausgezahlt, obwohl die Opposition dies rechtlich für möglich hält. Nun soll eine Einigung im Vermittlungsausschuss ausgehandelt werden. Die SPD will dabei ganz von vorn anfangen.
Der Bundesrat hat die Hartz-IV-Reform der Bundesregierung vorerst gestoppt. Das Gesetz, das die Einführung eines Bildungspakets sowie die Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro für alleinstehende Erwachsene vorsieht, erhielt keine Mehrheit. Koalition und Opposition müssen nun im Vermittlungsausschuss einen Kompromiss aushandeln.
Für die Hartz-IV-Bezieher wird es zum Jahreswechsel zunächst keine höheren Sätze geben. Das SPD-geführte Rheinland-Pfalz hatte im Bundesrat beantragt, dass die Zahlungen auch ohne Gesetz stattfinden sollen. Die Koalition lehnt das allerdings ab. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sagte, es müsse zunächst ein Gesetz verabschiedet werden, um die Regelsätze anzuheben.

Von der Leyen steht mit Ausnahme von Heiligabend "Tag und Nacht für Verhandlungen zur Verfügung".
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Die SPD warf von der Leyen vor, eine Kehrtwende zulasten der Hartz-IV-Bezieher vollzogen zu haben. Die CDU-Politikerin habe eine Auszahlung der erhöhten Bezüge ursprünglich selbst in Aussicht gestellt, sagte SPD-Fraktionsvize Elke Ferner im Interview mit n-tv.de. Zudem sei es unwahrscheinlich, dass der Betrag von fünf Euro im Vermittlungsverfahren unterboten werde.
"Von der Leyen hat das Gesetz verschleppt"
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe griff die Opposition scharf an: "Die SPD zockt auf dem Rücken der Kinder", sagte er mit Blick auf das Bildungspaket. Ferner wies das zurück. Sie warf von der Leyen vor, das Gesetz verschleppt zu haben, "denn das Verfassungsgerichtsurteil ist datiert vom 9. Februar, und das Kabinett hat den Gesetzentwurf erst am 20. Oktober beschlossen".
Im Bundesrat hatte von der Leyen ihren Gesetzentwurf erneut verteidigt. Die Regierung habe die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts "Punkt für Punkt verfassungsfest durchgerechnet". Den schwarz-gelb regierten Bundesländern fehlt im Bundesrat eine Stimme zur Mehrheit.
"Das ist wie Lottospielen"
Unmittelbar nach der Sitzung des Bundesrats traf sich der Vermittlungsausschuss zu einer ersten Beratung. Es wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die am kommenden Montag erstmals über einen Kompromiss verhandelt. Bis zu den Feiertagen soll es insgesamt zwei Treffen geben. Theoretisch könnte das Hartz-IV-Paket dann im Februar in Kraft treten. Die Regelsatzerhöhung und die Bildungsleistungen würden dann rückwirkend zum 1. Januar gezahlt.

Zum 1. Januar wird es keine Erhöhung um fünf Euro geben. Nach einer Einigung wird das Geld aber rückwirkend zum 1. Januar ausgezahlt.
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Allerdings hat die SPD grundsätzliche Einwände gegen den schwarz-gelben Gesetzentwurf. "Wir müssen über alle Punkte verhandeln", sagte Ferner. "Die Regelsätze müssen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils entsprechen, das tun sie derzeit nicht." Sie kritisierte "methodische Fehler", die zu Zirkelschlüssen geführt hätten. Bei den Kinderregelsätzen beruhe ein großer Anteil der Ausgabenpositionen "auf völlig unvaliden Daten, teilweise auf einer Datenbasis von weniger als 25 Haushalten", so Ferner. "Das ist im Prinzip wie Lottospielen - da können Sie einen Sechser haben, aber die Wahrscheinlichkeit, dass Sie daneben treffen, ist deutlich höher."
Kommunen fordern Entlastung
Die Reform war notwendig geworden, da das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnungsgrundlage des Hartz-IV-Satzes für verfassungswidrig erklärt und eine Neuregelung bis Jahresende verlangt hatte.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte, das Vermittlungsverfahren für die Entlastung der Kommunen zu nutzen. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", es wäre ein "positives Signal zu Weihnachten", wenn die Steuermehreinnahmen des Bundes den Kommunen und damit direkt den Bürgern zugutekämen. Diese müssten zunehmend unter höheren Gebühren, Abgaben und einer verfallenden Infrastruktur in den Städten und Gemeinden leiden.
Quelle: ntv.de, hvo/AFP/dpa