Politik

Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren SPD läuft Sturm gegen Seehofer

Bekommt viel Gegenwind aus der SPD: CSU-Chef Horst Seehofer.

Bekommt viel Gegenwind aus der SPD: CSU-Chef Horst Seehofer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das neue Jahr beginnt mit einem heftigen Streit innerhalb der Großen Koalition. Mit der Debatte über Rumänen und Bulgaren, die nach Deutschland kommen, geht CSU-Chef Seehofer der SPD auf die Nerven. Der Tonfall wird schärfer.

In der Debatte über die sogenannte Armutszuwanderung hat sich der Ton in der Koalition verschärft. Aus der SPD kommt deutliche Kritik an der CSU: Der SPD-Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth, warf der Unionspartei in der "Süddeutschen Zeitung" vor, mit "dummen Parolen" Stimmung zu machen. CSU-Chef Horst Seehofer verteidigte den Kurs seiner Partei.

"Die CSU hat Europa nicht verstanden", sagte Roth. "Und offenkundig will sie es auch nicht". Das habe sich bereits in den Koalitionsverhandlungen gezeigt. Deutschland profitiere als Exportnation von offenen Märkten und Freizügigkeit. "Noch nicht einmal die Faktenlage beherrscht die CSU", sagte Roth. Wenn es "echte Probleme" gebe, stehe die SPD aber "bereit, konkret zu helfen".

Er sprach von "dummen Parolen", mit denen die CSU weder den bayerischen Stammtisch beherrschen noch in Berlin professionell regieren könne. "Das ist nicht das Niveau, auf dem die große Koalition arbeiten darf", sagte Roth. Wenn es Probleme in einzelnen Kommunen gebe, stehe die SPD bereit, zu helfen. Die Klaviatur, auf der die CSU spiele, sei aber "äußerst gefährlich".

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sagte der "Süddeutschen Zeitung", wer die Arbeitnehmer-Freizügigkeit infrage stelle, "schadet Europa und schadet Deutschland". Diese sei ein "unverzichtbarer Teil der europäischen Integration", von der Deutschland "ungemein und sicher viel mehr als andere profitiert" habe, so der SPD-Mann.

Seehofer findet Vorwürfe "absurd"

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, warf der CSU "Quartalsrassismus" vor, der den NPD-Verbotsantrag "torpediert". Seehofer wies in der "Bild"-Zeitung den Vorwurf als "absurd" zurück, die CSU fische am rechten Rand. Zugleich betonte er, dass Maßnahmen gegen EU-Bürger, die zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch nähmen, Bestandteil des Koalitionsvertrags seien.

Nach Ansicht des Vorsitzenden der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, sind die von seiner Partei geforderten Maßnahmen gegen Armutszuwanderung voll durch das EU-Recht gedeckt. "Jeder EU-Bürger darf sich 90 Tage lang in einem anderen EU-Land aufhalten, um sich eine Arbeitsstelle zu suchen. In dieser Zeit hat er keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Und er muss in sein Land zurückkehren, wenn er keinen Job findet", sagte der designierte CSU-Spitzenkandidat für die Europawahl der "Augsburger Allgemeinen". Dass die CSU für ihre Forderung nach Einhaltung von EU-Recht "in die rechte Ecke gestellt" werde, sei unverständlich.

In der CDU hob Parteivize Armin Laschet erneut seine komplett andere Sichtweise hervor. Die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien werde "ein Gewinn für unsere älter werdende Gesellschaft sein", sagte der Landeschef von Nordrhein-Westfalen und dortige frühere Integrationsminister der "Passauer Neuen Presse". Der Chef des nordrhein-westfälischen Landesverbandes stellte jedoch auch klar: "Nur wer einen Arbeitsplatz hat, kann nach Deutschland kommen." Eine Einwanderung in die Sozialsysteme sei europarechtlich ausgeschlossen.

Wirtschaft wünscht sich Zuwanderer

Auch Wirtschaftsvertreter kritisierten die CSU-Pläne. "Die Unternehmen haben in vielen Bereichen weiterhin Schwierigkeiten qualifiziertes Personal zu finden - da sind Zuwanderer sehr willkommen", sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, der "Rheinischen Post". Das gelte nicht nur für Akademiker und hoch qualifizierte Fachkräfte, sondern zunehmend auch für normale berufliche Qualifikationen.

Anlass der Debatte ist, dass seit Jahresbeginn die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger der EU-Staaten Rumänien und Bulgarien gilt, für die es bislang übergangsweise Beschränkungen gab. Die Bürger dieser beiden Länder haben nun vollen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Die Ausnahmen von der freien Arbeitsaufnahme innerhalb der EU gelten somit nur noch für Kroatien.

Die CSU fordert vor diesem Hintergrund schärfere Regeln gegen den "Missbrauch der europäischen Freizügigkeit durch Armutszuwanderung", wie es in einer Beschlussvorlage der CSU-Landesgruppe für ihre Klausurtagung in Wildbad Kreuth heißt. Das traditionelle Treffen beginnt in wenigen Tagen.

Quelle: ntv.de, vpe/AFP/dpa

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