"Der bayerische Löwe brüllt laut" SPD rechnet mit Steuererhöhungen
30.09.2013, 07:55 Uhr
Gabriel könnte Vizekanzler unter Merkel werden.
(Foto: dpa)
Werden die Steuern erhöht oder nicht? Noch vor einem Sondierungsgespräch wird diese Frage zum Zankapfel zwischen Union und SPD. Die Union gibt sich hart, auch die Wirtschaft warnt. Bundespräsident Gauck will nun mit den Parteichefs sprechen.
Im Streit um Steuererhöhungen erwartet Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner, dass die Union einknicken wird. "Jeder weiß, dass die Versprechungen der Union bei Rente, Pflege und Gesundheit nicht erfüllbar sind, ohne dass man für die höchsten Einkommen höhere Steuern erhebt", sagte Stegner der "Rheinischen Post". "Bei Herrn Seehofer weiß man, dass der bayerische Löwe laut brüllt, um am Ende dann doch umzufallen."
CSU-Chef Horst Seehofer hatte am Wochenende gesagt, Steuererhöhungen kämen für seine Partei nicht infrage, und darauf den Bürgern sein Wort gegeben. Ähnlich klingt auch Unionsfraktionschef Volker Kauder. Unter Verweis auf die Kanzlerin sagte der CDU-Politiker: "Mit uns gibt es keine Steuererhöhungen." Die SPD hatte sich im Wahlkampf aber für die stärkere Belastung von Gutverdienern eingesetzt. Das Thema dürfte zum Zankapfel in den anstehenden Gesprächen über eine schwarz-rote Regierungsbildung werden.
Die Wirtschaft warnte vor höheren Steuern. "Deutschland braucht Haushaltskonsolidierung und keine Steuererhöhungen. Denn der Staat hat kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung".
Auch der CDU-Wirtschaftsrat warnte die Partei davor nachzugeben. "Der erfolgreiche Weg der Konsolidierung der Staatsfinanzen durch Ausgabenreduzierungen statt durch Steuererhöhungen muss dringend weiter fortgesetzt werden", heißt es in den noch unveröffentlichten Empfehlungen des Verbandes für ein Regierungsprogramm, die der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vorliegen.
Der frühere Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, Peter Harry Carstensen, kritisierte die Debatte. "Wer in Zeiten wie diesen über Steuererhöhungen nachdenkt, der spinnt. Wir haben die Wahl gewonnen - nicht die anderen", sagte der CDU-Politiker den "Kieler Nachrichten".
SPD will Mitglieder entscheiden lassen
In der vergangenen Woche hatte der SPD-Parteirat den Weg zu Vorgesprächen mit der Union freigemacht. Damit sind aber noch längst nicht alle Hürden auf dem Weg zu einem schwarz-roten Bündnis beiseite geräumt. Die SPD-Führung will die 470.000 Parteimitglieder mitentscheiden lassen.
Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" lud Bundespräsident Joachim Gauck die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien für die nächsten Tage zu Vier-Augen-Gesprächen ins Schloss Bellevue ein. Dem Bericht zufolge heißt es dazu aus dem Präsidialamt, so was geschehe hin und wieder, auch nach Wahlen. Das Blatt verweist hingegen auf die besonderen Schwierigkeiten der Regierungsbildung.
SPD soll Verantwortung wahrnehmen
Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas warnte seine Partei davor, es auf Neuwahlen ankommen zu lassen. In dem Fall "könnte es sich die SPD sparen, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen", sagte Maas der "Saarbrücker Zeitung". "Dann kann ich nur noch gute Besserung wünschen." Eine Mitgliederbefragung dürfe die Partei erst dann ansetzen, wenn Ergebnisse erreicht seien, für die sie werben und Zustimmung erwarten könne. Ein Nein der Basis zu einem fertigen Vertrag wäre "konsequentes Harakiri".
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der "Saarbrücker Zeitung": "Die Union will faire Gespräche. Nach manchem lauten Ton aus der SPD-Führung gegen eine Große Koalition müssen wir aber erst ausloten, wie ernst es den Sozialdemokraten ist." "Ein für alle Seiten tragbares Gesamtpaket" müsse "natürlich auch die Stärke unseres Wahlergebnisses widerspiegeln". Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich sagte der "Welt", die SPD sollte "etwas demütig sein, wenn sie ihr Wahlergebnis betrachtet".
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Axel Schäfer, verwahrte sich gegen Kritik aus der CDU-Führung am geplanten SPD-Mitgliederentscheid. "Die kümmerlichen Aussagen zeigen nur, wie weit die Demokratie in der CDU verkümmert ist", sagte Schäfer. Er bezog sich damit auf Aussagen der CDU-Vizevorsitzenden Julia Klöckner, die das Votum als "Trickserei" und "unklugen Schritt" kritisiert hatte.
SPD beansprucht sechs Ministerien
Laut "Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung" verlangt die SPD bei einer Regierungsbeteiligung sechs Ministerposten für sich. Demnach ist Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann als Kandidat für das Finanzministerium im Gespräch, SPD-Vize Manuela Schwesig als Familienministerin und Parteichef Sigmar Gabriel als Vizekanzler und Arbeitsminister.
Gabriel habe auf die Medienberichte empört reagiert, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" und zitiert den SPD-Chef mit den Worten: "Leute, die jetzt über so etwas öffentlich diskutieren, sind verrückt. Sie erwecken den Eindruck, uns gehe es nur um Posten." Auch Schäfer empfahl dringend mehr Zurückhaltung: "Bei Personalfragen gilt: Mund halten."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa