Politik

Mindestens 15,5 Prozent Schätzerkreis uneins

Auf die Beitragszahler kommt zum Start des Gesundheitsfonds in drei Monaten ein Rekordsatz von voraussichtlich 15,5 Prozent für die gesetzliche Krankenversicherung zu. Gesundheitsministerium, Krankenkassen und Bundesversicherungsamt (BVA) scheiterten beim Versuch einer gemeinsamen Abschätzung des Finanzbedarfs.

Das Ressort von Ministerin Ulla Schmidt (SPD) will aber bereits am Wochenende aber den Entwurf einer Rechtsverordnung mit dem Satz von 15,5 Prozent auf den Weg bringen, hieß es in der Bundesregierung. Die Kassen forderten mehr Geld und halten einen Beitragssatz von 15,8 Prozent für nötig. Heute beträgt der Satz im Schnitt aller rund 215 Kassen mehr als 14,92 Prozent.

Dissens um Bedarfshöhe

Nach viertägigen Vorbesprechungen und Verhandlungen gab der Schätzerkreis mit Vertretern der drei Seiten in Bonn bekannt, dass er kein Einvernehmen erzielen könne. Die Entscheidung über den ersten Einheitssatz in der Geschichte der Krankenversicherung fällt die Bundesregierung bis Ende Oktober.

Bereits am Sonntag wollen die Koalitionsspitzen darüber beraten. Der Satz soll zum Start des Gesundheitsfonds 2009 für 51 Millionen Kassenmitglieder und ihre Arbeitnehmer gelten. Der Sonderbeitrag von 0,9 Prozent für die Beschäftigten ist darin enthalten.

Grund für das Scheitern einer gemeinsamen Schätzung war nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa, dass die Kassenvertreter den Bedarf für die 2100 Kliniken und ihre eigene Verwaltung für 2009 um drei Milliarden Euro höher einschätzen als Bund und BVA.

Medizinische Versorgung sichern

Bei dem nun angepeilten Satz von 15,5 Prozent aufs Bruttoeinkommen zahlen mehr als 90 Prozent der Kassenmitglieder nach Kassenangaben mehr als heute. Heute reicht die Spanne bei den einzelnen Kassen von Gesamtsätzen von 12,2 bis 17,4 Prozent. Nach mehreren Erhöhungen dürfte der Durchschnittssatz nach BVA-Angaben noch in diesem Jahr an die Rekordmarke von 15 Prozent heranrücken. Bei einem Einheitssatz von 15,5 Prozent würden bei Mitgliedern günstiger Kassen in Einzelfällen bis zu 700 Euro mehr im Jahr fällig.

Die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, forderte von der Bundesregierung einen Beitragssatz, der die Finanzierung der medizinischen Versorgung tatsächlich sichert. Die Barmer als größte Kasse schloss sich der Forderung an, wie eine Sprecherin sagte. Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen warnte hingegen vor zusätzlichen Lohnnebenkosten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber im BKK-Bereich von 700 Millionen Euro bereits bei 15,5 Prozent. Der DAK-Verwaltungsrat forderte die Bundesregierung auf, den Einheitssatz frühestens für 2010 festzulegen.

Mehrausgaben für Krankenhäuser, Kassen, Medikamente

Der Hauptgrund für die Beitragserhöhung sind beschlossene oder erwartete Mehrausgaben für Krankenhäuser, Kassenärzte und Arzneimittel. Hinzu kommen hunderte Millionen Euro für die Gesundheitskarte. Die Einnahmen der Kassen dürften nach Angaben der Schätzer 2009 um 10 Milliarden Euro auf dann mehr als 160 Milliarden Euro steigen. Allein wegen steigender Löhne der Beitragszahler und günstiger Arbeitsmarktzahlen werden rund 3 Milliarden mehr in die Kassen gespült. Der Steuerzuschuss steigt um 1,5 auf 4 Milliarden Euro.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen forderte eine Entlastung der Versicherten durch weitere Reformen. "Hier sollten Wirtschaftlichkeitspotenziale besser genutzt werden", sagte Vorstand Gerd Billen. Allein bei den Arzneimitteln ließen sich bis zu 5,6 Milliarden Euro einsparen.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte im NDR vor Lasten für Rentner oder Geringverdiener durch Zusatzbeiträge zum Einheitssatz. Viele Betroffene würden dann zu Kassen ohne diese Pauschalen wechseln. Der Präsident des Verbands der Krankenversicherten, Heinz Windisch, sagte im MDR: "Ich sehe nicht, dass die Krankenkassenbeiträge in Zukunft noch einmal sinken werden."

Quelle: ntv.de

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