Sparen, sparen - aber wo? Schäuble denkt ans Arbeitsressort
22.05.2010, 17:25 Uhr
(Foto: dpa)
Bei der Sanierung des maroden Haushalts habe er bisher nicht getrickst und er wolle auch weiterhin nicht tricksen, beteuert Finanzminister Schäuble: "Wir werden das ganz seriös machen." In den Bereichen Bildung und Forschung werde es keine Einschnitte geben - wohl aber im Arbeitsressort.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sich in der koalitionsinternen Spardebatte für Kürzungen im Arbeitsressort ausgesprochen. Einsparungen in den Bereichen Bildung, Kinderbetreuung und Forschung dagegen wies er wie Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) zurück. Auch Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel sagte, die Ausgaben für Bildung und Forschung schüfen Jobs und sicherten Deutschlands Zukunft.
"Wir müssen unsere sozialen Sicherungssysteme so ausrichten, dass sie zur Aufnahme regulärer Beschäftigung motivieren und nicht gegenteilige Anreize setzen", sagte Schäuble der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". In dieser Frage gebe es erheblichen Spielraum. "Das könnte sogar zu Einsparungen im Haushalt führen." Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) teile diese Ansicht.
Schäuble will nicht tricksen
Deutschland brauche dagegen "frühkindliche Bildung und Integration, möglichst gute Schulen, hochklassige Forschung", sagte Schäuble. Einsparungen auf diesen Feldern seien falsch. Sie verringerten die Chancen, das Wachstumspotenzial zu stärken. Die Einsparungen würden auf der Koalitionsklausur Anfang Juni beschlossen, sagte Schäuble dem Blatt weiter. "Wir werden das ganz seriös machen, ohne Haushaltstricks. Ich habe bisher nicht getrickst, und ich werde weiterhin nicht tricksen."
Bundesbildungsministerin Schavan bekräftigte im SWR, Bildung und Forschung hätten im Koalitionsvertrag obersten Vorrang. Dies sei eine Frage der Generationengerechtigkeit und der Nachhaltigkeit. Es dürfe nicht sein, "dass wir immer mehr reparieren und so ein Mehrfaches an Kosten für die Zukunft produzieren".
Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Peter Altmaier, nannte im NDR die Bereiche Familie, Ökologie und Umwelt, "in denen wir uns auch in Zukunft finanziell engagieren müssen". Das bedeute im Umkehrschluss, dass es in allen anderen Bereichen keine Tabus geben dürfe.
Keitel übt soziale Gerechtigkeit
Angesichts der schwierigen Haushaltslage hat Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel die Bundesregierung aufgefordert, auch beim Rentenzuschuss und den Hartz-IV-Leistungen zu sparen. "Zur Sanierung der Staatsfinanzen müssen alle solidarisch beitragen", sagte der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) der "Bild am Sonntag". "Wir kommen nicht an den Budgets für Arbeit und Soziales vorbei. Denn eine Haushaltssanierung, die die meisten Bürger gar nicht merken, wird niemals ausreichen." Man müsse die Diskussion darüber aber mit aller Sorgfalt führen und dürfe die soziale Gerechtigkeit nicht aus den Augen verlieren.
Guttenberg will sparen
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erklärte sich zu Einsparungen im Wehretat bereit. Die Aufgabe, der nachfolgenden Generation nicht nur Schulden zu hinterlassen, werde am Verteidigungsressort ebenso wenig vorübergehen wie an allen anderen Ressorts, sagte der CSU-Politiker dem "Hamburger Abendblatt". Der Minister erklärte: "Ich nehme gerade alle Großvorhaben unter die Lupe. Es ist selbstverständlich, dass es zum Stopp des einen oder anderen Rüstungsprojekts kommen wird." Die Grenze in den Etatverhandlungen mit Schäuble sei "definitiv dort, wo es um das Leben und die Unversehrtheit unserer Soldatinnen und Soldaten im Einsatz" ginge. "Da werde ich unerbittlich sein", sagte er.
Guttenberg wandte sich gegen Steuererhöhungen: "Wir sollten es bei einer gemeinsamen Anstrengung auch ohne Steuererhöhungen schaffen können." Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer stehe nicht an. Einsparungen zulasten von Kindern wies Guttenberg erneut zurück. Der Vorschlag des hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch, "zuerst an Bildung und Familie zu gehen, ist für mich daher nicht nachvollziehbar".
Die Einsparungen sollen auf der Koalitionsklausur Anfang Juni beschlossen werden. Das Finanzministerium hatte für 2011 den Einzelressorts bereits Sparforderungen von drei Milliarden Euro auferlegt. Insgesamt sind die erforderlichen Kürzungen jedoch deutlich höher zu veranschlagen.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa