Verhaltenes Dementi Schäuble rückt vom Rückzug ab
06.10.2010, 16:39 UhrDie Spekulationen bleiben, denn erst nach langem Zögern lässt Finanzminister Schäuble dementieren, dass er seinen Rücktritt aus Krankheitsgründen angeboten haben soll. Das minimiert nicht gerade die Gerüchte. Und so bleibt die Frage völlig offen, ob der wichtigste Mann in Merkels Kabinett an seinen Posten zurückkehrt.
Um Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ranken sich wegen seines erneuten Klinikaufenthalts Rücktrittsgerüchte; auch nach Dementi-Versuchen bleibt die politische Zukunft des CDU-Politikers im Kabinett von Angela Merkel ungewiss. Schäubles Ministerium dementierte einen Bericht des "Stern", wonach er der Kanzlerin sein Ausscheiden aus dem Amt angeboten habe. In dem Magazin wird sein Bruder Thomas mit den Worten widergegeben, der Minister sei "zermürbt".
Erst "reine Spekulation" ...
Schäubles Sprecher Michael Offer hatte in der Bundespressekonferenz zunächst lediglich bekräftigt, dass es sich bei dem Bericht um "reine Spekulation" handele. Eine klare Stellungnahme vermied Offer, er sagte nur, dass der Heilungsprozess des Ministers planmäßig verlaufe. Es habe nie Zweifel daran bestanden, dass der Minister die Amtsgeschäfte auch vom Krankenbett aus führen könne.
... dann doch eine "Information"
Noch während der Konferenz stellte Offer aber dann doch klar, er könne "aktuell" sagen, "dass der Minister weder ein Rücktrittsangebot gemacht hat, noch hat es eine Fristsetzung gegeben". Er stehe in direktem Kontakt mit dem Minister, erklärte Offer seine plötzliche Klarstellung: Während der Konferenz hatte er offenbar eine SMS erhalten. Auf Nachfrage sagte Offer: "Ich habe eine Information bekommen."
Rücktritt in vier Wochen?
Der "Stern" blieb allerdings bei seiner Darstellung. Nach dem Bericht soll Schäuble Vertrauten gesagt haben: "Wenn ich nach vier Wochen merke, es geht nicht mehr, ziehe ich die Konsequenzen. Davon hält mich niemand ab." Schäubles Bruder Thomas wird mit den Worten zitiert, dem Minister sei es oft "sauschlecht" gegangen: "Das über halbjährige Wundsein hat ihn zermürbt", sagte der frühere baden-württembergische CDU-Innenminister.
Amtsgeschäfte per Handy und Laptop
Der seit einem Attentat vor 20 Jahren querschnittsgelähmte Schäuble wird seit einer Woche wegen eines Druckgeschwürs erneut im Krankenhaus behandelt und fehlt deshalb für vier Wochen im politischen Betrieb. Der Politiker hat nach einer Operation anhaltende Probleme bei der Wundheilung.
Nach Angaben seines Ministeriums führt er die Amtsgeschäfte aber vom Bett aus mit Handy und Laptop. Laut "Stern" bot Schäuble vor seinem Klinikaufenthalt den Amtsverzicht an. Er sei aber von Merkel überzeugt worden, sich noch einmal vier Wochen Schonzeit zu gönnen. Vize-Regierungssprecher Christoph Stegmans sagte in der Bundespressekonferenz, es entziehe sich seiner Kenntnis, was in einem Vier-Augen-Gespräch Merkels und Schäubles besprochen worden sein solle. Sein Schweigen könne weder in die eine noch die andere Richtung interpretiert werden.
Schäuble musste laut "Stern" selbst seinen Sommerurlaub auf Sylt immer wieder für Krankenhausaufenthalte unterbrechen. Offer sagte, dies sei "so nicht richtig". Der Minister sei ärztlich behandelt worden, er habe aber nicht mehrfach den Urlaubsort verlassen müssen.
Anhaltende Heilungsprobleme
Schon im Frühjahr war Schäuble wegen der anhaltenden Heilungsprobleme mehrfach ausgefallen. Nach dem Austausch eines Implantats verheilte die OP-Wunde nicht wie erhofft. Schäuble selbst räumt nach Angaben des "Stern" mittlerweile ein, sich gegen den damaligen ärztlichen Rat nicht genug geschont zu haben. Die Ärzte hätten ihm seinerzeit zu mindestens drei Wochen Pause geraten. "Da habe ich gedacht, na schön, das kann ich auch in Etappen abliegen." Dies sei aber Selbstbetrug gewesen.
Nach Informationen des "Stern" wird die Entscheidung, ob Schäuble sein Amt weiter ausübt, definitiv vom Genesungsverlauf abhängen. "Es ist nicht so, dass man mich aus dem Amt davontragen muss", soll er kürzlich einem Vertrauten gesagt haben. Er wisse schon, "dass angesichts der Häufigkeit, mit der ich in diesem Jahr doch ausgefallen bin, man sich einer Grenze nähert".
Quelle: ntv.de, dpa