"Türkische Version der AfD" Scharfe Kritik an deutscher Erdogan-Partei
31.01.2024, 12:25 Uhr Artikel anhören
Die Gründung eines Ablegers der AKP des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sorgt in Deutschland für viel Kritik und besorgte Reaktionen.
(Foto: dpa)
Die türkische Partei Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch will offenbar in Deutschland bei der Europawahl im Juni antreten. Der Aufschrei ist groß. Experten und Politiker befürchten Spaltungspropaganda. CDU und Grüne warnen vor einer Nähe zu antisemitischen und islamistischen Organisationen.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Michael Stübgen, hat besondere Aufmerksamkeit im Umgang mit der neuen Dava-Gruppierung in Deutschland angemahnt, die angeblich der türkischen Regierungspartei AKP nahesteht. "Es gelten die gleichen Gesetze wie für jede andere Partei", sagte Brandenburgs Innenminister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Allerdings sei besondere Skepsis angebracht, auch bei den Sicherheitsbehörden. "Ich sehe nicht, warum ein Ableger der AKP das Ziel verfolgen sollte, sich zum Wohle der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen", meinte Stübgen. "Eine solche Partei wird ausschließlich im Sinne ihrer türkischen Mutterpartei agieren und das passt nicht in die deutsche Parteienlandschaft."
Schon der Name erinnere nicht ohne Zufall an den islamischen Begriff Da'wa, der für eine Missionierung von Nichtmuslimen stehe, sagte Stübgen. "Das spricht Bände." Die neue Dava-Gruppierung (Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch) will zur Europawahl antreten. Den Verantwortlichen wird eine große Nähe zur türkischen Regierung und Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstellt.
Auch der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe im Bundestag, der Grünen-Abgeordnete Max Lucks, warnte vor der neuen Partei: "Die AKP versucht, sich eine direkte Lobby im Europäischen Parlament zu schaffen und das mit ehemaligen Vorsitzenden antisemitischer und islamistischer Organisationen", sagte Lucks den Funke-Zeitungen. "Was hier entsteht, ist nichts anderes als eine türkische Version der AfD." Lucks forderte Wachsamkeit: "Unsere Naivität muss enden."
Dava: Sind kein verlängerter Arm Erdogans
Politikerinnen und Politiker mehrerer Parteien in Deutschland hatten sich kritisch über die Vereinigung geäußert und diese mit der Partei des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Verbindung gebracht. Die neu gegründete politische Vereinigung Dava hat die Kritik zurückgewiesen, ein Ableger der türkischen Regierungspartei AKP zu sein. "Wir haben weder vor der Gründung und auch nicht nach der Gründung Kontakt gehabt mit Vertretern von ausländischen Regierungen", teilte Dava-Sprecher Teyfik Özcan mit.
"Es ist uns wichtig, immer wieder zu betonen, dass die Dava kein verlängerter Arm irgendeiner ausländischen Regierung ist." Die Kritik an der Gründung der Vereinigung vor der kommenden Europawahl verstehe er nicht. Ziel sei es, "Bürgern, die sich nicht von den etablierten Parteien vertreten fühlen, eine politische Heimat zu geben".
An der Europawahl 2024 können neben Parteien auch sonstige politische Vereinigungen teilnehmen, in die Dava fällt. Laut Statistischem Bundesamt hat Dava noch keinen Wahlvorschlag sowie Unterstützungsunterschriften bei der Bundeswahlleiterin eingereicht. Bei einer gemeinsamen Liste für alle Bundesländer seien Unterschriften von 4000 Wahlberechtigten nötig.
Quelle: ntv.de, gut/dpa/AFP