Weniger Biosprit Schlappe für Gabriel
04.04.2008, 11:55 UhrNach dem Aus für mehr Biosprit im Benzin muss Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) die angestrebte Gesamtquote für Biokraftstoffe senken. Der für 2009 beschlossene Gesamtgehalt von Biosprit in Benzin und Diesel müsse von 6,25 Prozent auf 5 Prozent reduziert werden, so Gabriel. Diese Gesamtquote soll bis 2015 schrittweise auf 8 Prozent steigen. Das EU-Ziel für einen Anteil von 10 Prozent Biokraftstoffen am Kraftstoffmarkt im Jahr 2020 sei aber weiterhin erreichbar.
Weil rund 3,5 Millionen ältere Benziner-Autos den neuen Biosprit (E10) nicht vertragen würden, hatte Gabriel die höhere Beimischung gestoppt. Von den Klimaschutz-Vorgaben für die Autoindustrie rücke die Regierung nicht ab, sagte Gabriel. Auch mit Hilfe des höheren Biosprit-Anteils wollten die Hersteller erreichen, dass bei Neuwagen der Kohlendioxid-Ausstoß ab 2012 auf durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer sinkt. Die Autobauer müssten nun mit anderen Mitteln ihren Klimaschutzbeitrag leisten, sagte Gabriel.
Kritik an Union
Der Union warf Gabriel Scheinheiligkeit vor. Diese Art des Umgangs innerhalb der Koalition könne er nicht akzeptieren, sagte Gabriel . Es seien gerade Unionspolitiker gewesen, die den jetzt gestoppten höheren Bioethanol-Anteil von 10 Prozent im Benzin gewollt hätten. Unionspolitiker hatten Gabriel Schuld am Scheitern der Biosprit-Verordnung gegeben.
Die kaum noch zu überbietende Euphorie bei Biosprit scheine jetzt plötzlich in eine Verteufelung umzuschlagen, sagte Gabriel. Hier entstehe ein völlig falscher Eindruck. Es gehe nicht nur um Biosprit, sondern um die gesamte Biomasse, aus der vor allem Strom und Wärme gewonnen würden. "Die Biomasse macht insgesamt aktuell rund 75 Prozent der erneuerbaren Energien aus." Biokraftstoffe kämen nur auf 20 Prozent.
Verkehrsministerium sucht Alternative
Das Bundesverkehrsministerium forderte nach dem Stopp für mehr Biosprit im Benzin eine Alternative für die von der Bundesregierung geplante Kohlendioxid-Reduktion. Der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Matthias von Randow, wies darauf hin, dass die Beimischung von Biosprit eine Maßnahme in dem Paket zur CO2-Verminderung der Bundesregierung war. Wenn eine Maßnahme herausgeschnitten werde, sei die Frage, was stattdessen komme
Die Entscheidung über den Stopp der umstrittenen Biosprit-Verordnung ist nach den Worten von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) endgültig: "Wir werden in der Umweltpolitik nicht die Verantwortung dafür zeichnen, dass wir ein paar Millionen Autofahrer, die in der Regel alte Autos fahren, weil sie nicht soviel Geld verdienen, an die teuren Super-Plus-Tankstellen schicken", sagte Gabriel in der ARD. Die Sache sei entschieden. Es werde keine langen und verunsichernden Debatten über Nachrüstmöglichkeiten oder Terminverschiebungen geben, sagte der Minister.
Laut Gabriel gaben die Zahlen der ausländischen Autohersteller den Ausschlag für die Entscheidung. Demnach würden deutlich über drei Millionen Importfahrzeuge mit Benzinmotor eine Verdoppelung des Bioethanol-Anteils im Sprit von 5 auf 10 Prozent nicht vertragen. Bei den deutschen Herstellern seien etwa 189.000 Autos betroffen. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte von 375.000 Fahrzeugen gesprochen, die die Bio-Mischung nicht vertragen und das etwa 15 Cent teurere Super Plus tanken müssten. Gabriel hatte angekündigt, er werde seine Pläne bei über einer Million betroffenen Autos stoppen.
BUND begrüßt Entscheidung
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält den angekündigten Stopp der Biosprit-Pläne für richtig. "Wir begrüßen es, dass die entsprechenden Ziele aufgegeben werden", sagte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. "Wir fordern aber stattdessen, andere Qualitätsziele zu realisieren, nämlich dass endlich ein überfälliges Tempolimit kommt." Die deutsche Autoindustrie müsse zudem für Neuwagen den Kohlendioxid-Ausstoß auf durchschnittlich 120 Gramm pro Kilometer senken und diesen Wert nicht erst durch Maßnahmen wie Biosprit erreichen, sagte Weiger.
Quelle: ntv.de