Debatte um Jugendgewalt Schnelle Strafe nötig
07.01.2008, 09:05 UhrMit gegenseitigen Attacken schärfen die Koalitionspartner Union und SPD in den Landtagswahlkämpfen ihr eigenes Profil. SPD-Chef Kurt Beck warf der Union und CDU-Chefin Angela Merkel in der Debatte über ein schärferes Jugendstrafrecht in Hannover ein Abgleiten nach rechts vor. "Was da gerade geschieht, ist Rechtspopulismus und hat nichts mit der Mitte zu tun", sagte Beck bei der Klausur der Parteispitze. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla konterte mit den Worten, die SPD habe ein ideologisches Problem mit der inneren Sicherheit.
Getrieben von der Union setzte die SPD in der Debatte über ein härteres Vorgehen gegen jugendliche Straftäter einen eigenen Akzent. In einem Strategiepapier spricht sich der Vorstand dafür aus, den Zeitraum zwischen Prozess und Strafantritt zu verringern. Innerhalb eines Monats müsse die Strafe auf dem Fuße folgen. Der CDU-Forderung nach einer generellen Anwendung des Erwachsenenstrafrechts für Kriminelle zwischen 18 und 21 Jahren sowie einem Warnschuss-Arrest erteilte Beck eine Absage. Dem Bemühen der Union um die Themenhoheit vor den Wahlen in Hessen und Niedersachsen am 27. Januar setzte die SPD ihre Forderung nach Mindestlöhnen entgegen.
Gewaltfreies Leben in geschlossenen Heimen
Die Union feuerte ihrerseits die vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch angestoßene Debatte über eine härtere Gangart gegen kriminelle Jugendliche mit neuen Vorschlägen an. Ein Papier der CSU-Landesgruppe schlägt die Unterbringung in geschlossenen Erziehungsheimen vor, um die jungen Täter auf richterliche Anweisung an ein gewaltfreies Leben heranzuführen. Dabei gehe es nicht um ein schlichtes Wegsperren oder Demütigen. Wie die große Schwesterpartei drängt die CSU auf eine leichtere Abschiebung junger Krimineller ohne deutschen Pass.
"Schneller Vollzug ist nötig"
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte bei n-tv: "Ich habe den Eindruck, dass nicht nur Herr Wulff sondern auch andere Kollegen Ministerpräsidenten sich ganz offenbar im Ton vergreifen. Wir müssen eine wichtige Debatte führen, nämlich die Frage, wie wir Straffälligkeit von Jugendlichen verhindern und wie wir mit straffälligen Jugendlichen umgehen. Da haben persönliche Angriffe und Beleidigungen nichts zu suchen." Wichtig sei gerade bei Jugendlichen, dass die Strafe auf dem Fuße folge. "Das heißt, wir müssen sehen, dass wir die Jugendhilfe, die Jugendgerichte, die Polizei, die Schulen möglichst zu einem koordinierten Vorgehen bringen das hinzubekommen ist Sache der Länder - dass wir dann, wenn eine Tat geschehen ist, möglichst ganz schnell anklagen, und dass wir dann auch ganz schnell den Vollzug der Strafe anordnen, wenn eine Verurteilung erfolgt ist."
Wahlkampfgeplänkel statt Sacharbeit
Die SPD verschärfte zugleich ihre Angriffe gegen Koch, der bei der Hessenwahl um seine Wiederwahl bangen muss. Durch die Streichung von Stellen und Geld bei Polizei, Justiz und Jugendhilfe sei er selbst für das Problem verantwortlich, sagte Generalsekretär Hubertus Heil. Sein CDU-Kollege Pofalla wiederum hielt den Sozialdemokraten vor, mit dem Mindestlohn sei ihnen ein sicher geglaubtes, konstruiertes Wahlkampfthema entglitten. Die Gewaltkriminalität etwa in U-Bahnen und Bussen brenne den Menschen wirklich unter den Nägeln.
SPD hält am Mindestlohn fest
Gleichwohl warf sich die SPD drei Wochen vor den Wahlen erneut für Mindestlöhne in die Bresche. Die Parteiführung legte sich trotz des Widerstands der Union auf die Ausweitung von Lohnuntergrenzen auf weitere Branchen fest und pochte auf eine entsprechende Vereinbarung in der Koalition. Die Union sieht hingegen keine Branche, die bis zum Stichtag Ende März in das Entsendegesetz aufgenommen werden sollte. Auch an ihrer Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn hält die SPD fest. "Am Ende der Entwicklung steht auch in Deutschland ein allgemeiner Mindestlohn", heißt es im hannoverschen Beschluss.
Geisterdebatte
Auch beim Thema Steuern behakten sich die Berliner Koalitionäre. Finanzminister Peer Steinbrück wies im "Handelsblatt" die Steuersenkungsrufe aus den Ländern zurück. Erst wenn die Neuverschuldung auf Null gedrückt sei, werde wieder über die Steuersätze geredet. Die Regierung strebt einen ausgeglichenen Haushalt für 2011 an.
Quelle: ntv.de