Nach Kritik an Baerbock Scholz stellt sich hinter deutsche UN-Enthaltung
30.10.2023, 01:44 Uhr Artikel anhören
Der Bundeskanzler befindet sich aktuell auf einer Afrika-Reise.
(Foto: picture alliance/dpa)
Im Zuge der UN-Resolution zum Krieg in Gaza kommt es zu Kritik am deutschen Abstimmungsverhalten. Finanzminister Lindner etwa kann sich die Enthaltung nicht erklären. Bundeskanzler Scholz hingegen schon.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat die von Israel kritisierte deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die Gaza-Resolution in der UN-Vollversammlung verteidigt. Deutschland habe "hart daran gearbeitet, einen Beschluss der Vollversammlung der Vereinten Nationen zu erreichen, der der Situation gerecht wird", sagte Scholz bei seinem Besuch in Nigeria. "Als uns das nicht gelungen ist, haben wir uns der Stimme enthalten."
Es sei in den Verhandlungen vor allem darum gegangen, nicht außer Acht zu lassen, "dass es sich um eine Aggression handelte, eine brutale, mörderische Aggression der Hamas, die viele Menschen, Kinder, Babys, Großväter und Großmütter getötet hat", betonte Scholz. "Das kann nicht akzeptiert werden, und wir werden Israel ganz deutlich dabei unterstützen, seine eigene Sicherheit zu verteidigen."
Die am Freitag mit Zwei-Drittel-Mehrheit angenommene UN-Resolution verurteilt jegliche Gewalt gegen die israelische und palästinensische Zivilbevölkerung, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller "illegal festgehaltenen" Zivilisten und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem wird zu einer "sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" aufgerufen, die zur "Einstellung der Feindseligkeiten" führen solle. Eine eindeutige Verurteilung des Terrors der Hamas als Auslöser des Krieges ist nicht enthalten.
120 Länder stimmten für die Resolution, 45 enthielten sich, 14 waren dagegen. Die westlichen Staaten der EU und der G7 fanden keine gemeinsame Linie. Während Frankreich und Spanien dafür stimmten, enthielten sich Deutschland, Großbritannien und Italien. Die USA stimmten zusammen mit mehreren kleineren EU-Staaten wie Österreich, Tschechien und Ungarn mit Nein.
Lindner distanziert sich
Am deutschen Abstimmungsverhalten gab es daraufhin Kritik, auch aus der Ampel selbst. FDP-Chef Christian Lindner etwa distanzierte sich. Er sei in die umstrittene Entscheidung nicht eingebunden gewesen. "Ich hatte mit Frau Baerbock noch keine Gelegenheit zu sprechen, welche Abwägungen zu diesem Abstimmungsverhalten geführt haben", sagte er in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".
Ohne ein eigenes Urteil abzugeben, fügte Lindner hinzu: "Ich nehme nur wahr, dass die Hamas das Votum feiert und Israel stark kritisiert." Unabhängig von der Entscheidung bei der UNO wolle er "ausdrücklich für die Bundesregierung klarstellen, wir stehen an der Seite Israels", sagte der FDP-Chef weiter. "Wir wissen, dass Israel ein Recht auf Selbstverteidigung hat."
Scharfe Kritik kam auch von den Sozialdemokraten. Der frühere Wehrbeauftragte Reinhold Robbe sagte dem Blatt, die Enthaltung der grünen Außenministerin Annalena Baerbock "steht in diametralem Gegensatz zu allen sonstigen Erklärungen der Bundesregierung". Mit der Enthaltung werde der Grundsatz, wonach Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist, "in eklatanter Weise konterkariert".
Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hatte sich enttäuscht zum deutschen Abstimmungsverhalten geäußert und die Bundesrepublik aufgefordert, seinem Land bei den Vereinten Nationen klar den Rücken zu stärken. "Wir brauchen Deutschlands Unterstützung bei der UNO", sagte Prosor am Samstag. Sich bei einer Abstimmung zu enthalten, "weil man nicht direkt sagen kann, dass Hamas für dieses grausame Massaker verantwortlich ist, ist nicht genug", kritisierte er.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa