Schelte für SPD-Abweichler Schröder macht Druck
06.09.2001, 07:35 UhrBundeskanzler Gerhard Schröder hat die SPD-Fraktion bei einer Klausurtagung nachdrücklich zu einer Unterstützung seiner Politik aufgefordert. Dabei warf er das ganze Gewicht seines Amtes in die Wagschale: Wenn er nicht mit einer Mehrheit im Parlament rechnen könne, könne er seine eigene Verantwortung nicht wahrnehmen, erklärte Schröder nach Angaben des stellverstretenden Fraktionsvorsitzenden Joachim Poß.
Schröder warnte die 19 Abgeordneten, die im Bundestag gegen den Mazedonien-Einsatz gestimmt hatten, "nicht durch falsches Handeln die Regierungsfähigkeit zu gefährden". Einige in der SPD seien offensichtlich in der Oppositionszeit stehen geblieben. Auch sei die Fraktion keine Selbsterfahrungsgruppe.
Der Kanzler rechtfertigte Teilnehmern der Klausur zu Folge die scharfe Kritik von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering an den abtrünnigen Parlamentariern. Wenn sich Müntefering nicht öffentlich geäußert hätte, hätte er es selbst tun müssen.
Bestürzung über Schröders Machtwort
Während der Schröder-Rede sei es in der Fraktion völlig still gewesen, berichteten Teilnehmer. Von einigen Abgeordneten seien die Worte des Kanzlers mit Bestürzung aufgenommen worden. Fraktionschef Peter Struck bezeichnete Schröder Appell im Anschluss an die Klausur als ein "Warnsignal". Eine Regierungspartei müsse Geschlossenheit zeigen.
Vor der Fraktionsklausur hatten mehrere Abgeordnete ihre ablehnende Haltung gegen einen Bundeswehreinsatz bekräftig. Der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel geht laut "Bild"-Zeitung davon aus, dass sich kaum einer der Abweichler durch die Drohungen von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering "einschüchtern" lässt. Auch der SPD-Abgeordnete Wolfgang Grotthaus beruft sich auf eine freie "Gewissensentscheidung".
Müntefering hatte den Nein-Sagern mit Konsequenzen gedroht. Wer sich um ein Bundestags-Mandat bewerbe, müsse sich darüber klar sein, dass er wegen seiner Zugehörigkeit zur SPD gewählt werde.
Am Wochenende erster Bundeswehr-Einsatz
Bei der Waffeneinsammel-Aktion der NATO in Mazedonien steht für das Wochenende der erste konkrete Einsatz der Bundeswehr an.
Das kündigte der Kommandeur des dortigen Bundeswehrkontingents, Oberst Ernst-Wilhelm Harder, im ZDF-Morgenmagazin an. Harder rechnet nicht mit gefährlichen Zwischenfällen und geht davon aus, dass die angesetzten 30 Tage für die Aktion ausreichen.
Quelle: ntv.de