Politik

Härtere Sanktionen, neuer NameSchwarz-Rot setzt dem Bürgergeld heute ein Ende

17.12.2025, 07:00 Uhr
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Die SPD und Arbeitsministerin Bärbel Bas sind der Union und Kanzler Merz mit der Reform weit entgegengekommen. (Foto: picture alliance/dpa)

Kurz vor Jahresende bringt Schwarz-Rot noch eines der zentralen Vorhaben ins Ziel: Das Kabinett beschließt heute die Reform des Bürgergelds. Empfänger, die nicht mitmachen, bekommen in Zukunft größere Probleme. Neu ist auch der Name der staatlichen Leistung.

Rund drei Jahre nach dem Start der Bürgergeldreform will die Koalition die Regeln verschärfen und den Namen wieder streichen. Das Bundeskabinett will heute grünes Licht für einen entsprechenden Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas geben. Quasi in letzter Minute hatte sich die Regierung noch auf genaue Formulierungen für einen kompletten Wegfall der staatlichen Hilfe geeinigt. Zuvor hatten das Wirtschaftsministerium unter der CDU-Politikerin Katherina Reiche und das CSU-geführte Innenressort von Alexander Dobrindt den Entwurf vergangene Woche zunächst nicht für das Kabinett freigegeben.

Bereits heute sind Bürgergeld-Sanktionen möglich, wenn Arbeitslose Termine im Jobcenter, zumutbare Jobangebote oder Weiterbildungen nicht wahrnehmen. Heute gelten Stufen von 10, 20 oder 30 Prozent. Mit der nun finalisierten Lösung werden die möglichen Schritte beim Kürzen der Leistungen neu gefasst.

Schreibt künftig ein Arbeitsloser zum Beispiel keine Bewerbungen oder lehnt er einen Förderkurs ab, soll das neue Grundsicherungsgeld sofort für drei Monate um 30 Prozent gemindert werden können - rund 150 Euro im Monat. Bei versäumten Terminen soll gelten: Die 30-Prozent-Kürzung greift für einen Monat bei zwei Versäumnissen. Eine Komplettstreichung soll bei drei Versäumnissen folgen. Betroffene gelten dann als nicht erreichbar. Auch der Verlust der Übernahme der Wohnkosten droht.

SPD-Basis stößt Reform sauer auf

Vorher soll das Jobcenter den Fall aber prüfen müssen. Zunächst per Brief mit Antwortmöglichkeit. Neu ausgehandelt wurde innerhalb der Regierung nun die Formulierung, dass die Behörde den Betroffenen Gelegenheit zur persönlichen Anhörung geben muss - etwa durch einen Telefonanruf oder einen Besuch.

Was aber, wenn sich jemand nicht erreichen lässt? Oder erreichen lassen will. Soll er dadurch die Sanktion umgehen können? Das war die Sorge der Wirtschaftsministerin. Durch die nun gefundene Formulierung soll klar sein, dass die persönliche Anhörung nicht zwingend auch stattgefunden haben muss: Betroffene sollen den Leistungsentzug nicht durch Abtauchen verhindern können. In Härtefällen, bei psychisch Erkrankten oder bei anderen wichtigen Gründen soll die Terminverweigerer-Regel nicht gelten.

Unter anderem wegen der Sorge vor einer Zunahme sozialer Härten bis hin zur Obdachlosigkeit von Betroffenen wollen Teile der SPD-Basis die Reform noch per Mitgliederbegehren stoppen.

Von den 5,5 Millionen Leistungsberechtigten betreffen die Sanktionen nur einen Bruchteil. Vergangenes Jahr gab es pro Monat im Schnitt weniger als 30.000 solcher Kürzungen. Schon 2019 hatte das Bundesverfassungsgericht den Sanktionen Grenzen gesetzt: Es untersagte damals noch mögliche Kürzungen der Bezüge von 60 Prozent beim zweiten Pflichtverstoß pro Jahr als unzumutbar. 30 Prozent weniger blieben erlaubt. Vorübergehend wurden die Sanktionen in Folge ganz ausgesetzt.

Härter vorgehen soll der Staat künftig auch beim Vermögen der Betroffenen. So sieht der Gesetzentwurf die Abschaffung einer festen Karenzzeit für Schonung von Vermögen vor. Vorrangig soll eigenes Einkommen und Vermögen eingesetzt werden, bevor Grundsicherung fließt. Künftig richtet sich die Höhe von Schonvermögen nach Lebensalter. Kosten der Unterkunft sollen in geringem Maß anerkannt werden.

CDA zufrieden, Linke schäumt

Viel gespart werden soll mit dem Gesetzentwurf nicht: 2026 sollen dies bei Bund, Ländern, Kommunen und Bundesagentur für Arbeit unterm Strich 86 Millionen Euro sein, dann 70 Millionen, dagegen sollen in den Folgejahren sogar 11 beziehungsweise 9 Millionen mehr anfallen. Mit dem Kabinettsbeschluss soll das Gesetzgebungsverfahren nun in Bundestag und Bundesrat weitergehen.

Der Arbeitnehmerflügel der CDU begrüßte die nun gefundene Kompromissformel. CDA-Chef Dennis Radtke sagte der "Rheinischen Post": "Es ist gut, dass das monatelange Ringen nun zu einem Abschluss geführt hat. Mit dem Kabinettsbeschluss zur neuen Grundsicherung wird ein wichtiges Kapitel der Sozialpolitik aufgeschlagen - und das Kapitel Bürgergeld beendet."

Weiter sagte Radtke: "Ich begrüße, dass die Reform nun auch klar kommuniziert: Grundsicherung ist eine Hilfe in Not, kein bedingungsloses Grundeinkommen." Er fügte hinzu: "Gleichzeitig bleibt es unser Anspruch, dass der Sozialstaat niemanden im Stich lässt. Menschen mit psychischen Erkrankungen oder anderen erheblichen Vermittlungshemmnissen brauchen besondere Unterstützung - für sie ist die Grundsicherung weiterhin die letzte Hilfe des Staates. Diese darf nicht infrage gestellt oder gekürzt werden."

Scharfe Kritik kam hingegen von der Linken. Deren Parteichefin Ines Schwerdtner sagte der "Rheinischen Post": "Wir lehnen diese Reform ab, weil sie bei denen kürzt, die ohnehin nichts haben." Weiter kritisierte sie: "Nur weil es ein paar wenige Verweigerer gibt, kann man doch nicht Millionen Betroffene unter Generalverdacht stellen. Das ist schäbig." Schwerdtner ergänzte: "Wenn man die Menschen wirklich aus dem Bürgergeld-Bezug holen will, dann muss man den Mindestlohn kräftig erhöhen, damit Niedriglöhner nicht mehr aufstocken müssen."

Quelle: ntv.de, jog/dpa

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