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Lawrow attackiert den Westen Selenskyj wirbt für ständigen Sitz Deutschlands

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Es sei ungerecht, wenn Milliarden Menschen nicht im UN-Sicherheitsrat repräsentiert seien, sagt Selenskyj.

Es sei ungerecht, wenn Milliarden Menschen nicht im UN-Sicherheitsrat repräsentiert seien, sagt Selenskyj.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Vor dem UN-Sicherheitsrat kritisiert der ukrainische Präsident Selenskyj das Gremium scharf. Es befände sich durch Moskaus Veto-Recht in einer Sackgasse. Anstelle Russlands sollten andere Nationen einen permanenten Platz erhalten. Deutschland hebt er besonders hervor.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eine Erweiterung des UN-Sicherheitsrats um weitere ständige Mitglieder gefordert, darunter auch Deutschland. "Deutschland ist zu einem der wichtigsten globalen Garanten für Frieden und Sicherheit geworden", sagte Selenskyj im UN-Sicherheitsrat. "Dies ist eine Tatsache. Fakt ist auch, dass Deutschland einen Platz unter den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates verdient, dass Lateinamerika dort dauerhaft vertreten sein muss und auch die pazifischen Staaten."

Auch die Afrikanische Union müsse ihren Platz in dem wichtigsten UN-Gremium haben. Asien verdiene ebenfalls eine stärkere Präsenz. "Es kann nicht als normal angesehen werden, wenn Länder wie Japan, Indien oder die islamische Welt von der ständigen Mitgliedschaft in dem Gremium ausgeschlossen bleiben." Es sei ungerecht, wenn Milliarden Menschen dort nicht repräsentiert seien.

"Veto-Recht in der Hand des Aggressors"

Selenskyj machte Russland für die Blockade des für Friedenssicherung und Konfliktlösung zuständigen Rats verantwortlich. "Das Veto-Recht in der Hand des Aggressors ist, was die UN in die Sackgasse geführt hat." Er beklagte eine Machtlosigkeit der Vereinten Nationen. Diese reagierten auf Probleme mit "Rhetorik" anstatt mit "echten Lösungen", sagte er. "Die Menschheit setzt ihre Hoffnungen nicht mehr auf die UN, wenn es um die Verteidigung der souveränen Grenzen der Nationen geht."

Dem Sicherheitsrat gehören derzeit 15 der 193 UN-Mitgliedstaaten an. Fünf Atommächte sind ständig dabei und haben Veto-Recht bei allen Entscheidungen: die USA, China, Russland, Großbritannien und Frankreich. Einige der anderen 188 Mitgliedstaaten wechseln sich auf den verbleibenden zehn Sitzen alle zwei Jahre ab.

Deutschland bewirbt sich alle acht Jahre für einen Sitz, das nächste Mal für 2027/28. Die Bundesregierung erhebt außerdem den Anspruch, bei einer Erweiterung der ständigen Sitze als größte Wirtschaftsmacht Europas berücksichtigt zu werden. Seit Jahren gilt das Gremium wegen gegenseitiger Blockaden der USA, Chinas und Russlands in zentralen Fragen als weitgehend handlungsunfähig. Über eine grundlegende Reform des Sicherheitsrats wird seit Jahrzehnten diskutiert, ohne dass es Fortschritte gib

Mechanismus zum Schutz von Aggression gefordert

Der ukrainische Präsident verlangte überdies ein System, mit dem frühzeitig auf Angriffe auf die Souveränität anderer Staaten reagiert werden kann. "Es ist an der Zeit, dass sich die Nationen der Welt auf einen solchen Mechanismus zur Reaktion auf Aggressionen zum Schutz anderer einigen, den sich jeder für seine eigene Sicherheit wünschen würde", sagte er.

Die russische Invasion in der Ukraine habe gezeigt, welchen Nutzen ein solcher Mechanismus haben könne und welche Auswirkungen mächtige Sanktionen gegen einen Aggressor hätten - in der Phase des Aufbaus der Invasionsarmee. "Wer einen Krieg beginnen will, sollte vor seinem fatalen Fehler sehen, was genau er verlieren wird, wenn der Krieg beginnen würde."

Keine Konfrontation mit Lawrow

Kurz nach seiner Rede verließ Selenskyj den UN-Sicherheitsrat. Rund eine Stunde danach betrat Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Raum. Zum zuvor erwarteten Aufeinandertreffen der beiden kam es nicht. Lawrow erhob in seiner Rede schwere Vorwürfe gegen den Westen. In der Rhetorik der westlichen Gegner Russlands höre man die Slogans "Invasion", "Aggression", "Annexion" und nicht ein Wort über die Ursachen der Probleme, sagte er.

Er äußerte sich im Rahmen einer langen geschichtlichen Abhandlung über die Entwicklungen auf der von seinem Land 2014 besetzen Krim und den darauf folgenden Verhandlungen mit dem Westen. Es scheine, als ob man Angst vor Fachdiskussionen habe, sagte Lawrow, der dem Westen Demagogie vorwarf. Lawrow warf dem Westen einen "Überlegenheitskomplex" vor. Von Fall zu Fall greife der Westen selektiv auf Normen und Prinzipien zurück, "ausschließlich auf der Grundlage seiner engstirnigen geopolitischen Bedürfnisse".

Dies habe zu einer Erschütterung der globalen Stabilität sowie zur Verschärfung und Entstehung neuer Spannungsherde geführt. "Die Risiken globaler Konflikte sind gestiegen", anstatt sie einzudämmen und die Dinge auf einen friedlichen Weg zu bringen, sagte der russische Außenminister. Russland bestehe weiterhin darauf, dass alle Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen respektiert und angewendet werden, "nicht punktuell, sondern in vollem Umfang".

Quelle: ntv.de, mdi/dpa

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