Mögliche Urheberrechtsverstöße Sender nehmen Parteiwerbung ins Visier
26.10.2018, 18:03 Uhr
Mehrere ARD-Anstalten und das ZDF überprüfen unter anderem die Social-Media-Kanäle prominenter Parteimitglieder aller Fraktionen.
(Foto: imago stock&people)
Auf Facebook, Youtube und Co. nutzen Parteien gern Ausschnitte von Fernsehberichten, manchmal auch nachbearbeitet. Die öffentlich-rechtlichen Sender vermuten Verstöße gegen das Urheberrecht - die Beschuldigten verteidigen sich.
Die im Bundestag vertretenen Parteien sollen in den sozialen Medien urheberrechtlich geschütztes Material öffentlich-rechtlicher Sender für ihre Eigenwerbung verwendet haben. Wie das Nachrichtenportal "t-online.de" berichtet, prüfen derzeit sechs ARD-Anstalten und das ZDF mehr als 230 Beispiele dafür. Dem Bericht zufolge ist vor allem die Linke betroffen: "Offizielle Profile und Kanäle des Bundesverbandes, der Bundestagsfraktion und prominenter Parteimitglieder verbreiteten vielfach zum Teil bearbeitete Inhalte der Sender bei Facebook, Twitter oder Youtube." Auch Beiträge der AfD, der Grünen, der Union, der FDP und ein Beitrag der SPD würden überprüft.
"Öffentliche Auseinandersetzungen etwa über politische Diskussionssendungen gehören zum Prozess der demokratischen Willensbildung", teilte das ZDF auf Anfrage mit. "Dabei können Dritte, auch Vertreter politischer Parteien, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten Sendungsausschnitte verwenden. Grenzen werden etwa überschritten, wenn in sozialen Medien ZDF-Material verfälschend verändert wird." In solchen Fällen verlange das ZDF bei der jeweiligen Plattform die Löschung des Videos.
Ein Sprecher des Norddeutschen Rundfunks in Hamburg betonte: "Der NDR gibt grundsätzlich kein Material an Interessengruppen, Verbände oder Parteien zur Veröffentlichung ab." Zu untersuchen sei, ob die Fälle vom Zitatrecht gedeckt seien. Wenn ein Beitrag ergänzt oder verfremdet werde, sei davon nicht auszugehen. "Erforderlichenfalls prüft der NDR je nach Einzelfall auch rechtliche Schritte." Die anderen betroffenen ARD-Sender verfahren ähnlich.
Parteien reagieren zumeist gesprächsbereit
Die Linke verteidigte ihr Vorgehen und regte ein Treffen der Parteien mit den Sendern an, um eine Lösung zu finden. "Es gehört auch zur Öffentlichkeitsarbeit unserer Partei, Aussagen unserer PolitikerInnen zu verbreiten, die sie in den Medien tätigen", sagte ein Sprecher. Die Partei achte darauf, dass die Quelle gekennzeichnet sei. Bisher hätten die Medienanstalten das Teilen von Aussagen nicht beanstandet und auch die ausschnittweise Verbreitung von Bewegtbildinhalten geduldet. Die "rechtliche Grauzone" sei aber kein wünschenswerter Zustand. "Wir sind sehr an einem Austausch mit den Sendeanstalten über einen Modus Vivendi interessiert", sagte er.
Die Grünen zeigten sich ebenfalls gesprächsbereit. "Nach bisheriger Einschätzung ist dieses Vorgehen vom Zitatrecht gedeckt", sagte eine Sprecherin. Bisher habe es auch noch keine juristischen Streitigkeiten deswegen gegeben. "Wir werden aber die Debatte zum Anlass nehmen, den Sachverhalt nochmals zu prüfen und entsprechend auf die Sender zugehen."
Die FDP-Fraktion im Bundestag nutzt urheberrechtlich geschützte Werke nach eigenen Angaben nur in geringem Umfang "und, wenn überhaupt, nur im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Schranken des Urheberrechts". Das Zitatrecht erlaube die Nutzung von Ausschnitten eines Werkes, um eigene Aussagen zu belegen.
Die AfD erklärte, in ihren offiziellen Kanälen sei die Verwendung urheberrechtlich geschützten Materials untersagt. Teils würden Kanäle "vom politischen Gegner gefakt und bewusst eingesetzt, um der Partei zu schaden", hieß es in einer Stellungnahme. Die CDU betonte, sie halte sich selbstverständlich an die Vorgaben des Urheberrechts. Sollte in bestimmten Fällen eine Nutzung nicht über die Zitatfreiheit gedeckt sein, erwerbe die Partei in der Regel die entsprechenden Lizenzen bei den Urhebern wie Fernsehsendern oder Zeitungen.
Quelle: ntv.de, fhe/dpa