Bis in die höchste Instanz So viele Hartz-IV-Klagen wie nie
21.02.2012, 17:40 UhrDeutschlands höchstes Sozialgericht hat immer mehr zu tun. Das liegt vor allem daran, dass bedürftige Hartz-IV-Empfänger immer öfter vor Gericht ziehen, und dann durch alle Instanzen. Meist geht es um die Verfassungsmäßigkeit von Regelleistungen und die Anrechnung von Einkommen.

Viele Hartz-IV-Empfänger geben sich nicht mit der ersten Instanz zufrieden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Verfahrensflut am Bundessozialgericht steigt weiter stetig an. 2011 zählte das Gericht knapp 3300 Neueingänge, mehr als je zuvor, sagte Gerichtspräsident Peter Masuch in Kassel. Mit ein Grund: Bedürftige Hartz-IV-Empfänger streiten mehr als früher um ihre Rechte bis vor die höchste Instanz. Deshalb sei die Zahl der Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden am BSG "deutlich gestiegen", sagte Masuch bei der Jahrespressekonferenz des Gerichts.
Gestritten wird laut Masuch vor allem um Verfassungsmäßigkeit von Regelleistungen für Arbeitssuchende sowie die Berücksichtigung von Einkommen bei Sozialhilfeleistungen.
Dass die Bedürftigen ihre Ansprüche immer mehr vor Gericht durchsetzen wollen, zeigt sich auch an der Entwicklung der Klagen an Sozialgerichten in erster Instanz bundesweit. Laut BSG stieg die Zahl der Verfahren insgesamt von knapp 99.000 im Jahr 2006 auf mehr als 204.000 im vergangenen Jahr. Den leichten Rückgang gegenüber 2010 um rund 15.000 Verfahren begründete das Gericht damit, dass grundlegende Fragen der Versorgung mittlerweile geklärt seien und es deshalb vor allem zu weniger einstweiligen Rechtschutzverfahren gekommen sei.
Masuch warnte zudem mit Blick auf entsprechende Medienberichte die Bundesregierung vor "neuen Eingriffen in die Sozialkasse" im Bundeshaushalt 2013. "Ich frage, mit welcher Rechtfertigung der Rettungsschirm für die Finanzmarktkrise durch Einsparungen im Sozialhaushalt finanziert werden könnte". Die Sozialkassen seien keineswegs üppig ausgestattet, sondern benötigten ihre Finanzreserven für die bevorstehende demographische Entwicklung. "Wer sich jetzt am Sozialbudget vergreift", versündige sich an kommenden Generationen, sagte Masuch.
Quelle: ntv.de, AFP