Herausforderin gewinnt Wahl in Norwegen Solberg will mit Rechten koalieren
10.09.2013, 06:38 Uhr
Ihr stehen schwierige Koalitionsverhandlungen bevor: Solberg.
(Foto: AP)
Seit acht Jahren ist der norwegische Ministerpräsident Stoltenberg im Amt, nach den Terroranschlägen im Jahr 2011 wird der Sozialdemokrat weltweit gelobt. Trotzdem gewinnt bei der Parlamentswahl seine konservative Herausforderin Solberg. Auch die Rechten sind stark vertreten - ausgerechnet.
Bei der Parlamentswahl in Norwegen hat der langjährige Ministerpräsident Jens Stoltenberg die Mehrheit an die Konservativen verloren. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam die Koalition der Herausforderin Erna Solberg auf 96 der insgesamt 169 Sitze. Noch am Wahlabend gestand der seit 2005 regierende Stoltenberg die Niederlage seiner Koalition ein. "Wir wissen, dass es eine schwierige Aufgabe war", sagte Stoltenberg. "Wir haben unser Ziel nicht erreicht, die Mehrheit zu bekommen."
Stark vertreten im neuen Parlament wird die rechtspopulistische Fortschrittspartei sein, der der spätere Massenmörder Anders Behring Breivik in seiner Jugend angehört hatte. Nach enormen Verlusten infolge der Breivik-Anschläge erhielt die Partei wieder mehr Zulauf. Breivik hatte vor zwei Jahren in Oslo und Utøya 77 Menschen getötet.
"Wir werden die härtesten Verhandlungspartner sein", kündigte die Parteichefin der Fortschrittspartei, Siv Jensen, an. Sollte es zu einer Koalition mit Solbergs Partei Høyre kommen, wären die Rechtspopulisten zum ersten Mal an einer Regierung beteiligt.
Stoltenbergs Sozialdemokraten bleiben mit etwa 30,8 Prozent der Stimmen (2009: 35,4 Prozent) zwar stärkste Partei. Die Koalition aus Arbeiterpartei, Sozialistischer Linkspartei und Zentrumspartei lag aber in der Nacht nur bei 72 Sitzen. Zweitstärkste Partei ist Solbergs Høyre mit etwa 26,9 Prozent (2009: 17,2 Prozent).
Die Fortschrittspartei lag bei etwa 16,3 Prozent (2009: 22,9 Prozent). Die Rechtspopulisten fordern eine Begrenzung der Einwanderung und haben den Wählern höhere Zahlungen aus dem durch Öl-Einnahmen finanzierten Pensionsfonds versprochen.
Die Rechten sind erwünscht
Høyre-Chefin Solberg will am liebsten mit allen drei anderen Parteien aus dem bürgerlichen Lager - der Christlichen Partei, der liberalen Venstre und der Fortschrittspartei - eine Regierung bilden. Doch die Rechtspopulisten und die Christen liegen in ihren Ansichten weit auseinander. Deshalb war nach der Wahl zunächst unklar, wie eine zukünftige bürgerliche Regierung aussehen würde. In den kommenden Tagen will Solberg mit der eigenen Partei beraten. Danach werde sie mit den anderen verhandeln.
Stoltenberg wird sich nach acht Jahren als Regierungschef wohl im Oktober von seinem Amt verabschieden. Er kündigte an, dass "eine starke Arbeiterpartei immer bereit ist, die Verantwortung zu übernehmen", falls die Opposition es nicht schaffen sollte, eine Koalition zu bilden.
Ministerpräsident "Jens" und seine Sozialdemokraten sind beim Volk ausgesprochen beliebt. Als Landesvater hat sich Stoltenberg nach den Breivik-Anschlägen und während der Finanzkrise nach Ansicht vieler Norweger bewährt. Norwegens Wirtschaft ist unter ihm kerngesund, dank seiner gigantischen Öl-Einnahmen gilt das Land als eines der reichsten der Welt. Dazu liegt die Arbeitslosenquote bei nur 3,3 Prozent.
Quelle: ntv.de, dpa