Politik

Klima und Spitzensteuersatz Sondierer erzielen erste Einigungen

Die Medien warten auf Wortmeldungen der Sondierer - hier von Kanzlerin Merkel.

Die Medien warten auf Wortmeldungen der Sondierer - hier von Kanzlerin Merkel.

(Foto: dpa)

Eigentlich soll nichts aus den Sondierungen nach draußen dringen. Trotzdem gibt es erste Zahlen und Vorschläge. So wollen Union und SPD das Klimaschutzziel für 2020 aufgeben. Und die Grenze für den Spitzensteuersatz erhöhen.

Die Sondierer von CDU, CSU und SPD haben bei den Themen Finanzen und Klimaschutz erste Verständigungen erzielt. Die Fachleute von Union und Sozialdemokraten wollen nach Informationen aus Verhandlungskreisen vom Klimaschutzziel 2020 abrücken. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent soll erst später greifen, hieß es weiter. Zudem waren sich die Unterhändler einig, dass der zusätzliche finanzielle Spielraum für die nächste Regierung bis 2021 bei 45 Milliarden Euro liegt.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Grosse-Brömer, betonte, dass es sich nur um "Zwischenergebnisse" handele. Etliche Arbeitsgruppen seien aber gut vorangekommen.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet bestätigte, dass man sich in der Energiepolitik geeinigt habe. "Ich kann Ihnen heute berichten, dass wir mit den Sozialdemokraten innerhalb von zwei Sitzungen das Thema Energiepolitik heute abgeschlossen haben", sagte der CDU-Politiker beim Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf. Weitere Details nannte er nicht.

Die SPD reagierte allerdings irritiert auf Laschets Äußerungen. "Es gilt, was (der Parlamentarische Unionsfraktionsgeschäftsführer) Herr Grosse-Brömer heute Abend gesagt hat: Nicht ist vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist", sagte ein SPD-Sprecher. "In der SPD herrscht Erstaunen darüber, dass ein professioneller Verhandler wie Armin Laschet sich nicht an diese Regel hält."

Am zweiten Tag der Sondierungen berieten erneut viele der 15 Fach-Arbeitsgruppen, die am Sonntag ihre Arbeit aufgenommen hatten. Nach fünf Sondierungstagen soll am Donnerstag feststehen, ob die SPD-Führung am Freitag dem für den 21. Januar geplanten SPD-Parteitag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für ein erneutes Bündnis mit der Union empfiehlt.

Während sich viele Unionspolitiker am Montagmorgen optimistisch zeigten und die gute Atmosphäre lobten, äußerte sich CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder vorsichtiger. Wenn das gute Klima zwischen Union und SPD anhalte, "könnte es vielleicht etwas werden", sagte der CDU-Politiker zu den Erfolgsaussichten der Sondierungsgespräche. Hintergrund sind erhebliche Meinungsverschiedenheiten etwa bei den Themen Steuern, Flüchtlinge und Gesundheit.

Europa eines der "ganz großen Themen"

Ein Schwerpunkt lag vorerst aber auf der Europapolitik, über die CDU-Chefin Angela Merkel, ihr SPD-Kollege Martin Schulz sowie CSU-Chef Horst Seehofer im Konrad-Adenauer-Haus berieten. Schulz betonte, dass Europa eines der "ganz großen Themen" einer neuen großen Koalition werden solle. Grosse-Brömer sagte, dieses Thema liege allen drei Parteien sehr am Herzen.

Einen ersten Durchbruch gab es in der Arbeitsgruppe zu Energie, Klimaschutz und Umwelt, weil die drei Parteien dort das bisherige Klimaschutzziel aufgaben, den CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Dies sei praktisch unmöglich noch zu erreichen, sagten Vertreter von Union und SPD der Nachrichtenagentur Reuters. Man wolle aber die Anstrengungen nicht aufgeben und Anfang der 2020er Jahre die Marke erreichen.

Zentral sei jetzt das Ziel für 2030, das unter Einhaltung von Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit geschafft werden solle. Dies sei in einem Papier der Verhandlungsführer Armin Laschet (CDU) und Stephan Weil (SPD) vereinbart worden. Diese trugen ihre Ergebnisse dann in der Runde der Partei- und Fraktionsvorsitzenden vor.

Das 2030-Ziel sieht eine Minderung des CO2-Ausstosses von 55 Prozent vor und ist im Rahmen der EU-Vereinbarungen für Deutschland Pflicht. Vereinbart wurde auch, dass bis 2030 der Ausbau von erneuerbaren Energien auf 65 Prozent des Stromverbrauchs beschleunigt wird. Bisher gab es nur Ziele für 2025 und 2035 - dann sollten 55 bis 60 Prozent geschafft werden.

Die Strompreise wollen Union und SPD über eine Steuersenkung dämpfen. "Wir werden die Finanzierung der Energiewende überprüfen und neu justieren", heißt es im Sondierungspapier. Vornehmlich gehe es dabei um den Staatsanteil an den Stromkosten. Besonders denke man an eine Absenkung der Stromsteuer. Als weitere Möglichkeit zur Dämpfung fasst das Papier einen Fonds zur Stabilisierung der Umlage zur Förderung Erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) ins Auge.

Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, sprach von einem "klimapolitischen Versagen" von Union und SPD. Grosse-Brömer sagte dagegen, es habe sich nichts daran geändert, dass der Klimaschutz hohe Bedeutung für alle drei Parteien habe. Auch aus der Linkspartei und von Umweltverbänden gab es scharfe Kritik.

Spielraum von 45 Milliarden Euro

Bereits am Sonntag hatte sich die Arbeitsgruppe Finanzen auf einen gemeinsamen Finanzrahmen geeinigt, der von einem zusätzlichen Spielraum von 45 Milliarden Euro bis 2021 ausgeht. Die Einigung auf die finanziellen Spielräume gilt als Grundlage für die Beratungen, weil danach klar wird, welche Projekte finanziert werden können. "Wir wissen um die begrenzten Finanzspielräume", sagte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner. In SPD-Kreisen hieß es allerdings auch hier, dass es keine endgültigen Einigungen bei den Finanzen gebe.

Zudem einigten sich die Finanzexperten darauf, die Eingangsgrenze für den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Er steigt 2018 auf 54.950 Euro. Künftig soll der Spitzensteuersatz von 42 Prozent erst ab 60.000 Euro greifen. Die Erhöhung ist seit Jahren im Gespräch, weil mehr und mehr Arbeitnehmer und Personengesellschaften davon betroffen sind. Die Erhöhung der Grenze auf 60.000 Euro würde zumindest einen Teil derjenigen entlasten, bei denen in den vergangenen Jahren der Spitzensteuersatz gegriffen hat.

Einig seien sich CDU, CSU und SPD zudem, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten, hieß es in Verhandlungskreisen. Unklar blieb zunächst der Umfang. Strittig ist die SPD-Forderung, zur Gegenfinanzierung höhere Einkommen stärker zu belasten. Dies lehnt die Union bisher ab. Im Prinzip gebe es zudem Einigkeit, den Solidaritätszuschlag schrittweise abzubauen. Auch hier sei der Weg aber unklar.

Der DIHK warnte vor einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes. "Wer in diesen Zeiten über Steuererhöhungen auch nur nachdenkt, betreibt ein gefährliches Spiel", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer.

Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa

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