Hausärzte impfen zuerst Biontech Spahn: "Brauchen noch mal 10, 14 Tage richtiges Runterfahren"
27.03.2021, 17:20 Uhr
Die Bürgerinnen und Bürger sollten "im Zweifel auch mehr als die staatlichen Regeln" umsetzen, sagte Spahn.
(Foto: dpa)
Nach der gekippten "Osterruhe" haben Bund und Länder den steigenden Infektionszahlen wenig entgegenzusetzen. Gesundheitsminister Spahn erteilt zumindest weiteren Lockerungsbestrebungen eine Absage. Nach Ostern müsse der Lockdown fortgesetzt werden, erklärt er in einer Bürgersprechstunde.
Wenige Tage vor Ostern stimmt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Menschen in Deutschland auf die Fortsetzung des Corona-Lockdowns über die Feiertage hinaus ein. "Wenn wir die Zahlen nehmen, brauchen wir noch einmal 10, 14 Tage richtiges Herunterfahren unserer Kontakte und Mobilität", sagte der Minister bei einer Online-Diskussionsrunde, in der er zusammen mit RKI-Chef Lothar Wieler und dem Präsidenten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, Bürgerfragen beantwortete.
Dies sei ein Lockdown, "so wie wir es auch im letzten Jahr an Ostern erlebt haben", so der CDU-Politiker. Familie im großen Kreis "geht halt dieses Jahr noch nicht". Er appellierte an die Bürgerinnen und Bürger, "im Zweifel auch mehr als die staatlichen Regeln" umzusetzen. Wenn die dritte Welle bei den Infektionen gebrochen werden könne, seien Öffnungsschritte begleitet von Tests möglich. "Es gibt jetzt schon die Modelle, die zeigen, es geht", sagte Spahn mit Blick auf das Beispiel Tübingen, wo es Öffnungsschritte flankiert von Tests gibt.
Voraussetzung sei, "das wir das Infektionsgeschehen unter Kontrolle kriegen", fügte Spahn hinzu. Auch "die Intensivmedizin wird wieder voller mit Covid-19-Patienten". Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermeldete am Samstag 20.472 neue Ansteckungen, das waren 4000 mehr als vor einer Woche. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 124,9. Der wissenschaftliche Leiter des Divi-Intensivregisters, Christian Karagiannidis, hat deshalb in der "Rheinischen Post" einen 14-tägigen harten Lockdown im ganzen Bundesgebiet gefordert, um eine historische Spitzenbelastung der Intensivstationen zu verhindern.
Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dringt angesichts stark steigender Neuinfektionszahlen auf schärfere Maßnahmen. "Wir müssen rasch nochmal neu verhandeln", sagte Lauterbach dem "Tagesspiegel", ohne einen scharfen Lockdown werde es nicht gehen. Als Ergänzung zu den bisherigen Maßnahmen schlägt er bundesweite Ausgangsbeschränkungen vor: "Ausgangsbeschränkungen ab 20 Uhr für zwei Wochen würden wirken - wir haben es in Frankreich, Großbritannien und Portugal gesehen."
Spahn verteidigt Impfpriorisierung
Zum Fortschritt der Impfkampagne zeigte sich Spahn zuversichtlich. Für April würden 15 Millionen Impfdosen erwartet, im gesamten ersten Quartal seien es insgesamt 19 Millionen gewesen. Nach seinen Worten soll nach den Feiertagen zunächst in den Hausarztpraxen mit den Impfungen begonnen werden, und zwar zunächst mit dem Vakzin von Biontech. Später solle dort auch der Impfstoff von Astrazeneca verabreicht werden. Schließlich könnten zudem die Betriebsärzte einbezogen werden.
Der Gesundheitsminister verteidigte das Festhalten an der Impfpriorisierung. Es wäre nicht richtig, mit der Impfung der Jüngeren zu beginnen, solange dies bei den Älteren noch nicht beendet sei, betonte Spahn. "Das rettet Menschenleben, das ist keine Bürokratie."
Spahn rechnet ab Mitte April mit ersten Lieferungen des neu zugelassenen Impfstoffs von Johnson & Johnson. In der Woche ab dem 12. April sei die Lieferung von 275.000 Dosen zu erwarten, so der Minister. Er verwies darauf, dass dieses Präparat, anders als die anderen Vakzine, nur einmal verabreicht werden müsse.
Nach Angaben von PEI-Chef Cichutek werden derzeit drei weitere Impfstoffe von der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA geprüft - und zwar die Vakzine von Curevac, Novavax sowie das russische Präparat Sputnik V.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa