Freiheiten für Geschützte? Spahn: Über Geimpfte am 28. Mai entscheiden
26.04.2021, 23:01 Uhr
Was die Regeln für Geimpfte angeht, gebe es einen klaren Zeitplan, sagt Gesundheitsminister Spahn.
(Foto: picture alliance/dpa)
Können Geimpfte bald von Lockerungen profitieren oder gelten auch für sie weiterhin strenge Beschränkungen? Ende Mai wird diese Frage final entschieden, wie Gesundheitsminister Spahn nun ankündigt. Bei den Länderchefs selbst gehen die Meinungen darüber weit auseinander.
Ende Mai soll nach Worten von Gesundheitsminister Jens Spahn entschieden sein, inwieweit gegen das Coronavirus Geimpfte weiterhin mit Beschränkungen belegt werden. "Hierzu wird die Bundesregierung nächste Woche einen Vorschlag machen, und der Bundesrat wird dazu am 28. Mai dann final entscheiden", sagte Spahn in einem ARD-"Extra". Es gebe also einen klaren Zeitplan, wie die Rechte von Geimpften geregelt werden sollten. Dies betrifft etwa die Frage, ob Ausgangsbeschränkungen auch für sie gelten sollen.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz und Kanzlerin Angela Merkel hatten zuvor nach den Beratungen der Spitzen von Bund und Ländern erklärt, dass dies eine gesellschaftlich heikle Frage sei. Damit müsse man sehr sensibel umgehen, sagte Merkel. Sie verwies darauf, dass sich in einem Übergangszeitraum viele Menschen nicht impfen lassen könnten. Bei den Beratungen zwischen Bund und Ländern wurde zwar über das Thema diskutiert, es gab aber keine Beschlüsse. Der geplanten Verordnung müssen Bundestag und Bundesrat zustimmen, wie Merkel erläuterte.
Entscheidungen wurden bewusst nicht getroffen, auch wenn Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet darauf gedrängt hatte, dass man sich über die Gleichstellung von Geimpften und Genesenen verständigen sollte. Einig war man sich, dass es eine schrittweise Angleichung der Behandlung von Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten geben soll. Das Gesundheitsministerium arbeitet an einer entsprechenden Änderung der Einreiseverordnung.
Tschentscher und Weil sehen Freiheiten kritisch
Laut Merkel ist noch nicht geklärt, welche Impfstoffe dabei anerkannt werden. Zuvor hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gefordert, dass die Einreiseverordnung auch für Personen gelockert werden solle, denen Impfstoffe verabreicht wurden, die in der EU noch nicht zugelassen sind - wie der russische Impfstoff Sputnik V. Die Frage ist vor allem für die Reisebranche wichtig. Die Kanzlerin deutete an, dass man sich damit zufrieden geben könnte, welche Impfstoffe von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) akzeptiert werden.
Vor Spahn hatte bereits Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff den 28. Mai als Entscheidungstag genannt. Der CDU-Politiker hält die Rückgabe bestimmter Freiheitsrechte für Geimpfte Ende Mai/Anfang Juni für realistisch.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher warnte hingegen deutlich vor einer unvorsichtigen Aufhebung der Corona-Einschränkungen für Geimpfte und Genesene. Es gebe zwar die Einschätzung, dass von Geimpften und Genesenen "ein sehr geringes Risiko" ausgehe, aber "nicht gar kein Risiko", betonte der SPD-Politiker. Es müsse auch bedacht werden, dass "die Kumulation von Restrisiken" etwa durch neue Virusvarianten wieder zu einem nennenswerten Risiko führen könne.
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sprach sich gegen eine schnelle Rücknahme von Corona-Beschränkungen für bereits Geimpfte aus. "Solange wir noch nicht allen Menschen ein Impfangebot machen können, sollten wir eine unterschiedliche Behandlung von geimpften und noch nicht geimpften Menschen so weit wie möglich vermeiden", sagte der SPD-Politiker am Montagabend nach dem Impfgipfel von Bund und Ländern.
Hans will Lockerungen auch für negativ Getestete
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sieht die Notwendigkeit von Freiheiten für Geimpfte, fordert jedoch, vorsichtig zu sein: "Je mehr Menschen geimpft sind, stellt uns das Grundgesetz auch vor die Herausforderung, teilweise individuelle Freiheitseinschränkungen für Geimpfte aufzuheben und gleichzeitig keine Rückschläge in der Pandemiebekämpfung zu riskieren", sagte die SPD-Politikerin.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans machte sich nach dem Impfgipfel für die Rechte von negativ getesteten Menschen stark. Die Pläne des Bundes, die tiefen Grundrechtseinschränkungen für geimpfte Bürgerinnen und Bürger anzupassen, seien der richtige Weg, sagte Hans. Dies sollte aber auch für negativ Getestete für die Dauer der Gültigkeit des Tests gelten: "Die weitgehenden Grundrechtseinschränkungen dürfen kein Dauerzustand werden."
Hans erklärte weiter: "Die geplante Verordnung des Bundes sieht im Kern genau das vor, was wir mit unserem Saarland-Modell bereits praktizieren: Für Menschen, von denen nachweislich kein hohes Ansteckungsrisiko ausgeht, sind mehr Freiheiten möglich."
Die grundsätzliche Überlegung in dem Eckpunktepapier der Regierung: Wenn wissenschaftlich belegt ist, dass bestimmte Menschen nicht mehr ansteckend sind oder das Restrisiko einer Weiterübertragung gering ist, "dürfte es in Bezug auf diese Personengruppen schon an der Geeignetheit, jedenfalls aber an der Erforderlichkeit oder Angemessenheit vieler Schutzmaßnahmen fehlen".
Quelle: ntv.de, spl/dpa/rts/AFP