Polen verharren in Trauer Kaczynskis Sarg wird aufgebahrt
12.04.2010, 20:45 UhrDer tote polnische Präsident Kaczynski soll am Dienstag öffentlich aufgebahrt werden, damit seine Landsleute von ihm Abschied nehmen können. Derweil werden am Unglücksort die Opfer identifiziert.
Der Sarg mit den sterblichen Überresten des polnischen Staatschefs Lech Kaczynski wird am Dienstag öffentlich aufgebahrt. Im Präsidentenpalast in Warschau können seine Landsleute ihm dann die letzte Ehre erweisen. Am selben Tag soll der Leichnam seiner Ehefrau Maria Kaczynska in die polnische Hauptstadt gebracht werden.
Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagten ihre Teilnahme an den Trauerfeierlichkeiten bereits zu. "Für die Kanzlerin, aber auch für den Präsidenten steht fest, dass beide reisen werden", sagte Vizeregierungssprecher Christoph Steegmans. Auch Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin hat bereits sein Kommen zugesagt.
Die Präsidentenmaschine war am Samstag im Westen Russlands abgestürzt. An Bord befanden sich fast 100 Menschen, darunter ein Großteil der polnischen Elite. Für die Opfer der Flugzeugkatastrophe setzte der polnische Senat für Samstag eine Gedenkfeier an. An dem Tag soll voraussichtlich auch das Staatsbegräbnis Kaczynskis stattfinden.
Opfer werden identifiziert

Eine riesige Traueranzeige mit den Namen der bei dem Unglück Getöteten in der polnischen Hauptstadt Warschau.
(Foto: AP)
Rund 130 Angehörige trafen an Bord einer russischen Sondermaschine in Moskau ein, um ihre Familienmitglieder zu identifizieren. Die ersten Angehörigen traten am Morgen den schweren Weg in das Leichenschauhaus an, in das die 95 anderen Todesopfer des Flugzeugunglücks am Wochenende gebracht wurden. Ihnen standen Ärzte und Psychologen zur Seite.
Nach Angaben der polnischen Gesundheitsministerin Ewa Kopacz könnten die Untersuchungen innerhalb von drei Tagen abgeschlossen sein. Allerdings könne es auch Schwierigkeiten geben, da viele Opfer bis zur Unkenntlichkeit entstellt seien. "Nur 14 Leichname werden ohne Probleme identifiziert werden können", sagte die Ministerin. 20 weitere könnten aufgrund besonderer Merkmale zugeordnet werden. Bei den übrigen Todesopfern seien DNA-Tests erforderlich.
Schulterschluss zwischen Warschau und Moskau
Am Absturzort vollzogen Russland und Polen demonstrativ den Schulterschluss: Die Regierungschefs Tusk und Wladimir Putin legten am Samstag nur wenige Kilometer entfernt von Katyn, wo auf Befehl Stalins einst Tausende polnische Offiziere getötet wurden, gemeinsam Blumen nieder.
Der Russland-Experte Alexander Rahr würdigte die Politik Moskaus: "Die russische Seite hat hier extrem gut reagiert. Sowohl Putin als auch Medwedew haben die notwendigen Worte gefunden, um Polen zu trösten, um mit den polnischen Geheimdiensten jetzt die Lage zu besprechen, alle Unterlagen, alle Materialien über den Flugzeugabsturz den polnischen Kollegen zu unterbreiten", sagte Rahr bei n-tv. "Ich glaube, dass man hier auch angesichts der Bilder, die man gesehen hat, zum Beispiel die Umarmung von Putin und Tusk in Katyn, darüber sprechen kann, dass sich möglicherweise das Verhältnis zwischen Russland und Polen verbessern wird." Die frühere Polen-Beauftragte der Bundesregierung, Gesine Schwan, sagte im NDR, die Russen hätten nach dem Unglück "sehr prononciert" reagiert. "Aber sie werden sich jetzt deswegen nicht in die Arme fallen".
Staatstrauer in Russland
In der polnischen Botschaft in Moskau legte Präsident Dmitri Medwedew am nationalen Trauertag einen Strauß roter Rosen vor einem Porträt seines Kollegen Kaczynski nieder. Er trug sich auch in ein Kondolenzbuch ein. In der Hauptstadt hingen die Fahnen auf Halbmast. Das Fernsehen verzichtete auf Unterhaltungssendungen und Werbung. Die Titelseiten vieler Zeitungen waren zum Zeichen der Trauer in Schwarz gehalten. An der polnischen Botschaft in Moskau sowie vor den Generalkonsulaten in St. Petersburg und Kaliningrad, dem früheren Königsberg, legten Dutzende Menschen Blumen nieder und entzündeten Kerzen.
Auch an der Absturzstelle rund 400 Kilometer westlich von Moskau erwiesen zahlreiche Anwohner den Opfern die letzte Ehre. Kremlchef Dmitri Medwedew hatte das landesweite Gedenken wenige Stunden nach dem Unglück angeordnet.
Wahlen bis Juni
Ein Nachfolger Kaczynskis soll spätestens bis zum 20. Juni gewählt werden. Ursprünglich sollten die Präsidentenwahlen im Herbst stattfinden. Der polnische Parlamentschef Bronislaw Komorowski, der gemäß der Verfassung bis zur Neuwahl die Geschäfte des verunglückten Staatsoberhauptes übernommen hat, will binnen 14 Tagen über den Termin entscheiden. Komorowski wird als Kandidat der liberalen Regierungspartei Bürgerplattform PO nach derzeitigem Stand selbst bei der Wahl antreten.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa