Politik

Razzia bei Lew Ponomarjow Spezialeinheit verprügelt Putin-Kritiker

Ponomarjow bei einer Festnahme im September 2012.

Ponomarjow bei einer Festnahme im September 2012.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit Monaten blicken Menschenrechtsaktivisten sorgenvoll nach Russland. Jetzt gibt es erneut einen Übergriff der Behörden gegen einen prominenten Bürgerrechtler. Spezialeinheiten stürmen sein Büro und zerren den 71-jährigen Lew Ponomarjow auf die Straße. Sieben Menschen werden verletzt.

Russische Spezialeinheiten haben in Moskau das Büro des prominenten Menschenrechtlers Lew Ponomarjow gestürmt und gewaltsam geräumt. Bei dem nächtlichen Einsatz seien sieben Menschen verletzt worden, berichtete der Radiosender Echo Moskwy. "Das ist noch ein Fall von Einschüchterung der Zivilgesellschaft. Wir sind besorgt wegen der gewaltsamen Übernahme des Büros", schrieb US-Botschafter Michael McFaul in einem Twitter-Eintrag.

Der 71-jährige Bürgerrechtler sagte, er sei bei der gewaltsamen Räumung des Moskauer Büros seiner Menschenrechtsgruppe For Human Rights "in die Nieren getreten", mit dem Kopf voran eine Treppe hinunter gezerrt und "auf die Straße geworfen" worden. Der Führer der liberalen Oppositionspartei Jabloko, Sergej Mitrochin, wurde nach eigener Darstellung eine Treppe hinab getreten, als er den Aktivisten helfen wollte.

Ponomarjow führt den Vorfall auf einen Dauerstreit mit dem Büro des Bürgermeisters zurück, das wegen ausstehender Mietzahlungen die Räumung seines Büros angeordnet habe. Als er und Mitrochin sich geweigert hätten, das Büro mitten in der Nacht zu Samstag zu verlassen, wurden beide nach eigenen Angaben gewaltsam hinausgeworfen und die Türschlösser gewechselt. Mitrochin will bei den Wahlen im September gegen Moskaus Kreml-treuen Bürgermeister Sergej Sobjanin antreten. Die Moskauer Behörden begründeten den Einsatz damit, dass der Mietvertrag der Bewegung "Für das Recht des Menschen" ausgelaufen sei. Der 71-jährige Ponomarjow wies das zurück. Die Mitarbeiter hatten sich geweigert, das Gebäude zu verlassen. Etwa 20 Menschenrechtler protestierten vor dem Gebäude gegen die "Erstürmung".

Ponomarjow ist scharfer Kremlkritiker

Der Menschenrechtsbeauftragte der Regierung, Wladimir Lukin, verurteilte den Einsatz als Bruch der russischen Verfassung. Zudem sei ihm bei dem Polizeieinsatz unrechtmäßig der Zugang verwehrt worden, kritisierte er. Michail Fedotow, der Vorsitzende des Menschenrechtsrates beim russischen Präsidenten, verlangte eine Aufklärung von den Behörden für diese "ungesetzliche Aktion". Mitarbeiter der Organisation Memorial sprachen von "unverhältnismäßiger Gewalt". Die sonst auf Anti-Terror-Einsätze spezialisierten Einheiten der Sonderpolizei OMON hätten das Büro gestürmt, sagte Ponomarjow, der auch ein scharfer Kremlkritiker ist. "Sie gingen entsetzlich grausam vor." Die Uniformierten hätten Anwesende im Büro getreten und herumgestoßen.

Menschenrechtler in Russland beklagen seit Monaten ein immer härteres Vorgehen der Machthaber gegen ihre Organisationen. Zuletzt hatte es auch bei deutschen Stiftungen Razzien gegeben. Die Nichtregierungsorganisationen (NGO) müssen sich, wenn sie Geld von außerhalb Russlands erhalten, seit kurzem als "ausländische Agenten" registrieren. Das lehnen die meisten NGO ab, weil sie eine Verfolgung als Spione befürchten.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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