Fronten verhärtet Spiegel weist FDP-Ersuchen zurück
25.05.2002, 08:21 UhrDer Zentralrat der Juden in Deutschland hat ein erneutes Angebot der FDP, in einem klärenden Gespräch "Unstimmigkeiten und Missverständnisse auszuräumen", zurückgewiesen. Zentralrats-Präsident Paul Spiegel sagte, solange die Vorwürfe des nordrhein-westfälischen FDP-Chefs Jürgen Möllemann gegen Spitzenvertreter der deutschen Juden im Raum stünden, lehne er Gespräche ab.
In der ARD forderte Spiegel zudem einen "Aufstand der Anständigen" gegen Möllemann. "Ich konnte es mir nicht vorstellen, dass das 57 Jahre nach dem Holocaust hier in Deutschland wieder möglich ist", fügte er im Hinblick auf die Äußerungen des FDP-Politikers hinzu.
Zuvor hatte Liberalen-Chef Guido Westerwelle in der "Bild am Sonntag" an Spiegel appelliert, "sich dem Gespräch unter Demokraten nicht zu verweigern". Westerwelle sagte, dass bei aller Kritik an dem israelischen Premierminister Ariel Scharon und dem Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, diese nicht für Antisemitismus verantwortlich gemacht werden könnten. Diese Haltung habe das ganze Präsidium - auch Möllemann - geteilt. Möllemann wiederholte allerdings den Vorwurf, das Verhalten Friedmans diene dazu, vorhandene Ressentiments zu schüren. Friedman müsse sich für seine Angriffe auf ihn entschuldigen, erklärte Möllemann.
Westerwelle bricht am Sonntag zu einer Nahost-Reise auf, bei der er unter anderem Scharon und den Palästinenser-Präsidenten Jassir Arafat treffen will.
Spiegel sagte im "Bericht aus Berlin", der Zentralrat habe noch vorletzte Woche ein Gespräch gehabt mit Westerwelle, dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Gerhardt und Ex-Außenminister Klaus Kinkel. Solange Möllemanns Vorwürfe im Raum stünden, sei er zu keinem weiteren Gespräch bereit.
SPD und Grüne, aber auch FDP-Politiker hatten zuvor Möllemann vorgeworfen, er versuche mit seinen Äußerungen, das rechte Wählerspektrum für die FDP gewinnen. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagte der "Welt am Sonntag", eine Koalition mit der FDP sei unter anderem wegen des Verhaltens Möllemanns jedenfalls im Augenblick nicht denkbar. "Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass Herr Westerwelle oder Herr Möllemann Außenminister wird. Möllemann ist ein Risiko", sagte Müntefering.
Möllemann-Forum offline
Möllemann erklärte, er erfahre eine Menge an Zustimmung für seine Positionen. Die Art der Zustimmung hatte ihm jedoch offenbar nicht immer behagt: Zurzeit ist das Forum auf seiner Internetseite abgeschaltet. Der Grund: Die "Offenheit" des Forums habe "Menschen angezogen, deren Äußerungen jeden noch so liberalen Rahmen sprengen", so Möllemann am Freitag auf seiner Homepage. Später hieß es dort, die "schmutzigen Worte" seien "von ein und derselben Adresse" gekommen. Die "tageszeitung" hatte in ihrer Freitagsausgabe aus einer Reihe von antisemitischen Beiträgen in FDP-Foren zitiert.
Nach Angaben des Politikers hatte er zu seiner Auseinandersetzung mit dem Zentralrat der Juden bis Freitag 14.500 Zuschriften, Faxe und E-Mails erhalten. Rund 230 stammten offensichtlich aus dem rechten Lager, sagte Möllemann. Zugleich wiesen er und Westerwelle die Anschuldigung zurück, die FDP bekomme in dem Streit vor allem Zustimmung von Rechtsextremisten.
Quelle: ntv.de