Wilders hat Muslime nicht beleidigt Staatsanwaltschaft will Freispruch
12.10.2010, 16:09 UhrDen Prozess gegen den Rechtspopulisten Wilders hätte selbst die Staatsanwaltschaft gern vermieden. Jetzt verlangt sie Freispruch in einem von mehreren Anklagepunkten: Einer Beleidigung der Muslime insgesamt habe sich der Islamgegner nicht schuldig gemacht.

Wilders ist nicht eben nett in seinen Vergleichen, für ein Urteil reicht es aber wohl nicht.
(Foto: REUTERS)
Im Prozess gegen den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders hat die Staatsanwaltschaft Freispruch vom Vorwurf der Beleidigung der Muslime gefordert. Umstrittene Äußerungen von Wilders hätten sich auf den Islam und den Koran bezogen, seien aber nicht direkt gegen muslimische Menschen als Gruppe gerichtet gewesen, erklärten die Anklagevertretung vor dem Amtsgericht in Amsterdam.
Mögliche Strafforderungen zu anderen Anklagepunkten will die Staatsanwaltschaft am Freitag bekanntgeben. Dazu gehören die schwerer wiegenden Vorwürfe der Diskriminierung und der Aufstachelung zum Hass gegen den Islam. "Das wird dann komplizierter", sagte Wilders' Rechtsanwalt Bram Moszkowicz. Er würdigte die Entscheidung der Gegenseite, seinen Mandaten nicht länger wegen Beleidigung verfolgen zu wollen. Die Begründung dafür sei "juristisch solide".
Kein klarer Straftatsbestand
Die Staatsanwälte Birgit van Roessel und Paul Vellemann verwiesen darauf, dass der Anklagepunkt der Beleidigung sich auf einen durch Wilders vorgenommenen Vergleich zwischen dem Heiligen Buch der Muslime und Hitlers "Mein Kampf" sowie auf seine Forderung stützte, den Koran als "faschistisches Buch" zu verbieten. Solche Äußerungen sowie entsprechende Passagen in Wilders' Anti-Islam-Video "Fitna" könnten zwar einzelne Muslime verletzt haben. Sie erfüllten aber nicht den strafbaren Tatbestand der Beleidigung einer bestimmten Bevölkerungsgruppe.
Zuvor hatte die Anklagevertretung bereits erklärt, sie halte Forderungen gegen Wilders auf Entschädigung für nicht gerechtfertigt. Sie stellte sich damit gegen die im selben Prozess durch Einzelkläger und Organisationen verlangte "symbolische Wiedergutmachung" durch Zahlung von jeweils einem Euro. Dies sei juristisch nicht vertretbar.
Ursprünglich hatte sich die Staatsanwaltschaft entschieden, keinen Prozess gegen den Chef der Partei für die Freiheit (PVV) anzustreben. Sie wollte die Ermittlungen im vorigen Jahr einstellen, weil sie selbst Zweifel an der Strafbarkeit der umstrittenen Äußerungen hegte. Jedoch setzten sich seinerzeit Einzelkläger vor dem Berufungsgericht in Amsterdam durch. Es wies die Anklagevertretung im Januar 2009 an, einen Prozess gegen Wilders anzustrengen.
Regierung von Wilders' Gnaden
Inzwischen ist der Politiker im Ergebnis der Wahlen vom 9. Juni Chef der mit 24 Abgeordneten drittgrößten Fraktion im 150 Sitze umfassenden Parlament. Der künftigen Minderheitsregierung der Niederlande aus Rechtsliberalen und Christdemokraten verschafft Wilders auf der Basis eines Duldungsabkommens die erforderliche Mehrheit.
Derweil gab ein anderes Gericht bekannt, dass Wilders in einem seit 2008 andauernden Rechtsstreit mit dem niederländischen Imam Fawaz Jneid zu einer Verhandlung vorgeladen wurde. Der Imam hatte 55 000 Euro Wiedergutmachung verlangt, weil Wilders Interview-Äußerungen von ihm missbräuchlich in seinem Film "Fitna" verwendet habe.
Quelle: ntv.de, dpa