"Mund halten und arbeiten" Steinbrück schilt Politiker
26.10.2008, 08:11 UhrBundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat sich öffentliche Ratschläge aus der Politik zur Rettung der Konjunktur verbeten. "Es wäre gut, wenn die Politik jetzt arbeitet, verschiedene Maßnahmen prüft und so lange schlicht den Mund hält", sagte Steinbrück im Interview mit der "Bild am Sonntag". Mit Nachdruck wies der Finanzminister Forderungen nach Steuersenkungen zurück: "Die meisten Forderungen nach einem Konjunkturprogramm heißen doch, dass mal wieder nachfolgende Generationen dafür blechen sollen."
"Tassen im Schrank lassen"
Zudem kritisierte Steinbrück die Pläne des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy für eine staatliche Beteiligung an Schlüsselindustrien mit scharfen Worten. "Wollen wir Teile der deutschen Wirtschaft verstaatlichen? (...) Können wir mal bitte die Tassen im Schrank lassen", sagte Steinbrück. Deutschland zahle bei einem europäischen Fonds außerdem nur drauf, fuhr er fort.
Nicht aus Prestigegründen auf Hilfe verzichten
Steinbrück warnte auch die Bankmanager davor, aus falschem Prestige-Denken die staatlichen Hilfen nicht in Anspruch zu nehmen. "Ich hielte es für unverantwortlich, wenn ein Bankvorstand den Schutzschirm des Staates nicht in Anspruch nehmen und so vorsätzlich einen Zusammenbruch seines Instituts in Kauf nehmen würde. Das wäre ein ziemliches Ding", sagte Steinbrück der "Bild am Sonntag".
Auch die Angst vor möglichen Gehaltskürzungen dürfe kein Handlungsmotiv für die Manager sein: "Das würde bedeuten, dass ein Banker sein Institut lieber untergehen ließe als dass er für die Laufzeit des Schirmes bis Ende 2009 für "nur" noch 500.000 Euro pro Jahr arbeitet. Das sollte er dann mal der Öffentlichkeit erklären", sagte der Minister: "Das ist für mich absolut unvorstellbar. Dann würde ich langsam verzweifeln an der Verantwortungsbereitschaft dieser Berufsklasse." Er möchte den Banker sehen, der die Rettung seiner Bank an seinem eigenen Gehalt scheitern lasse, sagte Steinbrück "Der würde doch öffentlich ans Brett genagelt." Allerdings warnte er auch vor Pauschalkritik. "Ich halte überhaupt nichts von Kollektivschelte."
Punktuelle Wirtschaftshilfe
Trotz drohender Rezession will die Bundesregierung sich nach Informationen der "Welt am Sonntag" allenfalls auf punktuelle Hilfen für die Wirtschaft einigen. Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsministerium streiten demnach noch über Art und Umfang der Hilfen. Anders als Steinbrück fordert das Wirtschaftsministerium unter Michael Glos (CSU) laut der Zeitung eine Senkung der Einkommensteuer zu Beginn 2009 sowie die schnellere Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen von der Steuer. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) würde den Schwerpunkt hingegen lieber auf Investitionen setzen.
Ihr gemeinsames, wenn auch eher kleines Konjunkturpaket will die Regierung nach Informationen der "Welt am Sonntag" am 5. November verabschieden. Anfang dieser Woche werden Glos und Steinbrück demnach ihre Vorschläge im Kabinett präsentieren. "Bis jetzt ist noch nichts entschieden", sagte ein Regierungssprecher. "
Quelle: ntv.de