Politik

Dalai Lama in Deutschland Steinmeier erklärt sich

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat intern seine Gründe erläutert, den Dalai Lama bei dessen Deutschland-Besuch nicht zu treffen. Er ließ der Parteispitze mitteilen, konkrete Erfolge bei der Annäherung zwischen China und dem Dalai Lama müssten behutsam aufgebaut werden und dürften nicht "durch unbedachte Aktionen" gefährdet werden, heißt es nach einem "Spiegel"-Bericht.

In einer Argumentationshilfe für die SPD-Spitze heißt es demnach, der chinesische Außenminister Yang Jiechi habe Steinmeier am Montag telefonisch versichert, dass Peking "einen wirklichen Neuanfang in den Gesprächen mit dem Dalai Lama plane". Vertrauten soll der Außenminister während eines Russland-Besuchs gesagt haben: "Mutig sein heißt doch heute, den Dalai Lama nicht zu treffen." Ein hoher Beamter des Auswärtigen Amts habe gleichzeitig mit den Beauftragten des Dalai Lama verhandelt, erklärte Steinmeier demnach weiter.
Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, erklärte, Steinmeier habe sich in den letzten Wochen sehr intensiv bei der chinesischen Regierung für einen Dialog mit Tibet eingesetzt. "Es gilt, diesem ersten Schritt weitere folgen zu lassen. Daher bin ich sehr gespannt und voller Erwartung auf die Äußerungen und Vorschläge des Dalai Lama in dieser Sache", sagte Weisskirchen.

Weitere Unruhen befürchtet

Ohne eine einvernehmliche Lösung für das Tibet-Problem rechnet der Dalai Lama langfristig mit weiteren Unruhen in der Himalaya-Region. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter sagte in einer Rede vor rund 2.500 Zuhörern in Mönchengladbach, solange sich die Lebensverhältnisse in seiner Heimat nicht grundsätzlich verbesserten, würden sich derartige Ereignisse alle paar Jahre oder Jahrzehnte wiederholen.

Der Friedensnobelpreisträger mahnte, eine Lösung für das Tibet-Problem zu finden, sei auch im Interesse Chinas. Das Reich der Mitte wolle von der Welt als Supermacht geachtet werden, doch dazu bedürfe es auch moralischer Autorität. Ausdrücklich betonte der Friedensnobelpreisträger noch einmal, sein Ziel sei nicht die Unabhängigkeit Tibets von China, sondern lediglich echte Autonomie in Fragen der Kultur, Religion, Sprache und Umwelt. Diese Möglichkeit sei sogar jetzt schon in der chinesischen Verfassung vorgesehen.

Forderung nach Ende der Diskussion

Die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft hat unterdessen zu einem Ende des Parteienstreits um den Besuch des Dalai Lama aufgerufen. Deutschland setze sich für einen Dialog zur Lösung des Tibetkonflikts ein, sagte Kraft in Mönchengladbach bei einer Vortragsveranstaltung des religiösen Oberhaupts der Tibeter. "Diesen Einsatz sollte man nicht parteipolitisch instrumentalisieren."

Zwischen CDU und SPD, aber auch innerhalb der SPD hatte es in den vergangenen Tagen Streit darüber gegeben, ob Regierungsmitglieder den Dalai Lama treffen oder aus Rücksicht auf China darauf verzichten sollten. Geplant ist ein Treffen von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) mit dem Tibeter am Montag in Berlin.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast nannte das Vorgehen der Bundesregierung in einer Mitteilung "chaotisch und hilflos". Jedes einzelne Kabinettsmitglied entscheide offenbar autonom über die Außenpolitik. Diese "Irrungen und Wirrungen" würden dem Dialog zwischen der chinesischen Regierung und Tibetern nicht helfen.

Scharfe Vorwürfe aus China

China hat unterdessen erneut Separatismus-Vorwürfe gegen den geistlichen Führer der Tibeter erhoben. Der Dalai Lama sei ein politischer Exilant, "der seit langem und auch noch unter dem Deckmantel der Religion, der Menschenrechte und der Autonomie separatistische Aktivitäten gegen China im Ausland" betreibe, sagte der chinesische Botschaftsrat Junhui Zhang der "Frankfurter Rundschau". "Deshalb sind wir entschieden dagegen, dass der Dalai Lama nach Deutschland kommt und hier für seine politischen Ziele wirbt", erklärte Zhang, der Botschaftsrat in Berlin ist.

Die Forderung des Dalai Lamas nach "echter Autonomie" sei nichts anderes als eine verdeckte Unabhängigkeitsbestrebung. Die einzige Lösung der Tibetfrage bestehe aber darin, "dass der Dalai Lama und seine Anhänger anerkennen, dass Tibet ein Teil Chinas ist", erklärte der Diplomat. Bereits am Freitag war der Besuch des Dalai Lamas von offiziellen Protesten der chinesischen Regierung begleitet worden.

Quelle: ntv.de

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