"Luftig" formulierter Vorschlag Steuerrabatt für Fachkräfte: Heil attackiert Lindner und Habeck
09.07.2024, 11:26 Uhr Artikel anhören
Deutschland braucht Fachkräfte - auch aus dem Ausland. Bundesarbeitsminister Heil zeigt sich von dem Anreizplan der Bundesregierung allerdings wenig begeistert. Die Verschärfungen beim Bürgergeld verteidigt der SPD-Mann.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat sich skeptisch zu den in der Bundesregierung geplanten Steuervorteilen für ausländische Fachkräfte geäußert. "Das müssen wir uns nochmal genauer angucken. Das gehört zu den Dingen, die ich nicht reingeschrieben hätte", sagte Heil im Frühstart von ntv. Dies sei ein Vorschlag von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gewesen und zudem "luftig" formuliert, so der SPD-Politiker. "Es darf kein Missverständnis entstehen. Die Arbeit in diesem Land muss gleich viel wert sein."
Um Deutschland angesichts des Arbeitskräftemangels in einigen Branchen attraktiver für Experten aus dem Ausland zu machen, will die Bundesregierung für "neu zugewanderte Fachkräfte" in den ersten drei Jahren erst 30, dann 20 und schließlich 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen. Dafür soll es allerdings Unter- und Obergrenzen beim Gehalt geben.
Fest stehe aber, dass man in Deutschland ausländische Fachkräfte anwerben müsse, so Heil. Eine Steuererleichterung sei hier aber nicht der entscheidende Punkt für die Entscheidung, nach Deutschland zu kommen. "Wir müssen bürokratische Hürden abreißen, Visaerteilungen beschleunigen oder Berufsanerkennungen verbessern. Das sind die entscheidenden Stellschrauben", betonte der Bundesarbeitsminister.
"Nachschärfen bei Bürgergeld-Sanktionen ist richtig"
Die ausgehandelten Änderungen beim Bürgergeld hält Heil für vertretbar. Trotz der Verschärfungen bei der Sanktionierung sieht er die Grundsicherung nicht gefährdet. "Das Bürgergeld bleibt die soziale Sicherheit für die Menschen, die in Not geraten sind." Er lehne es ab, in der Diskussion um Sanktionen und die Höhe des Bürgergeldes Gruppen gegeneinander auszuspielen. "Unser Ziel muss es sein, dafür zu sorgen, möglichst viele Menschen aus der Bedürftigkeit in Arbeit zu bringen. Darauf konzentriere ich mich", unterstrich der SPD-Politiker.
Die Gefahr, dass das Bürgergeld durch die geplanten Sanktionen eine Rückkehr zu Hartz IV ist, sieht Heil nicht. "Es gab ja immer eine Mitwirkungspflicht, auch im Bürgergeld. Es gab auch Sanktionen. Aber richtig ist, dass wir nachschärfen, weil uns die Praktiker aus den Jobcentern Hinweise gegeben haben", so Heil. Das bedeute aber nicht, alle Menschen im Bürgergeld unter Generalverdacht zu stellen. "Die meisten brauchen keine Sanktionen. Das sagen uns auch die Praktiker. Aber in den Fällen, in denen es notwendig ist, wird der Rahmen genutzt und die Verhängung von Sanktionen entbürokratisiert." Ein Problem sehe er vor allem beim Thema Schwarzarbeit: "Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt. Weder, wenn es Arbeitgeber noch Bürgerinnen und Bürger machen und damit soziale Leistungen auch missbrauchen. Und da finde ich es richtig, dass wir im Sinne der Treffsicherheit nachsteuern."
Dass Heil beim Thema Bürgergeld auch Kompromisse eingehen und auf die Forderung der Koalitionspartner eingehen musste, sieht er nicht als Problem. "So ist das in der Koalition, wenn man miteinander verhandelt", so der Arbeitsminister. "In der Demokratie sind Kompromisse notwendig, um Fortschritt zu erzielen."
Seit der vergangenen Woche steht der Haushaltsentwurf der drei Ampel-Parteichefs, der nun dem Kabinett vorgelegt wird. "Ich bin froh, dass wir Bewegung reingebracht haben. Denn das war viel Stillstand bis zur Haushaltsaufstellung", sagte Heil. Anschließend gehe der Entwurf in den Bundestag, wo der Haushalt beschlossen wird. "Wir haben viel Arbeit vor uns, um Wachstumsimpulse zu geben. Da geht es um bezahlbare Energie, um Investitionen und auch um bessere Bedingungen für diese Investitionen von Unternehmen."
Heil erhofft sich von den beschlossenen Maßnahmen einen Impuls für den Wirtschafts- und Arbeitsmarkt. "Deutschland braucht keinen Stillstand, sondern Bewegung. Das ist nicht einfach in solchen Zeiten. Aber wir sind nicht in der Politik, um einfache Dinge zu machen, sondern um Probleme zu lösen."
Quelle: ntv.de, tko