Politik

Appell an die NATO-Staaten Stoltenberg: "Ich glaube nicht an Amerika allein"

Stoltenberg warnt vor Alleingängen.

Stoltenberg warnt vor Alleingängen.

(Foto: dpa)

Bei ihrem Gipfel in Brüssel ruft NATO-Generalsekretär Stoltenberg zur engen Zusammenarbeit der Nordamerikaner und Europäer auf. Gemeinsam seien sie "sicherer und stärker", sagt er.

Bei einer Feier zum 75. Jahrestag der Gründung der NATO hat Generalsekretär Jens Stoltenberg den Zusammenhalt zwischen Nordamerika und Europa angemahnt. "Zwei Weltkriege, der Kalte Krieg und jede Herausforderung, mit der wir seitdem konfrontiert waren, haben uns gelehrt, dass wir einander brauchen", sagte der Norweger bei der Zeremonie mit den Außenministern der Bündnisstaaten in Brüssel. "Ich glaube nicht an Amerika allein", sagte Stoltenberg. "Genauso wenig wie ich an Europa allein glaube. Ich glaube an Amerika und Europa zusammen", betonte er in seiner Rede. Unerlässlich sei aber eine "gerechte Lastenteilung" bei den Verteidigungsausgaben.

"Die europäischen Verbündeten verfügen über erstklassige Streitkräfte, umfangreiche Geheimdienstnetzwerke und einen einzigartigen diplomatischen Einfluss, die Amerikas Macht vervielfachen", so Stoltenberg. Durch die NATO hätten die Vereinigten Staaten mehr Freunde und mehr Verbündete als jede andere Großmacht. "Gemeinsam sind wir stärker und sicherer", sagte Stoltenberg. Zugleich sei aber eine gerechte Lastenverteilung unerlässlich.

Ansage an Trump

Mit seinen Aussagen richtete sich Stoltenberg vermutlich vor allem an den früheren US-Präsidenten Donald Trump, der bei der US-Wahl im November wieder für die Republikaner antreten wird, und dessen Partei. Trump hatte in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 immer wieder Kritik an der NATO geübt und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.

Zuletzt machte er zudem im Wahlkampf deutlich, dass er Bündnispartnern mit seiner Ansicht nach zu geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde. In einem Interview sagte er, man dürfe nicht vergessen, dass die NATO wichtiger für Europa sei als für die USA, denn es liege ein Ozean, "ein schöner, großer, herrlicher Ozean" zwischen den USA und "einigen Problemen" in Europa.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock von den Grünen sagte, es gelte weiter das NATO-Motto: "Einer für alle und alle für einen". Angesichts des brutalen russischen Angriffskriegs in der Ukraine sei die NATO "der beste Schutzschirm nicht nur für unsere Sicherheit, für unseren Frieden, sondern auch der beste Schutzschirm für unsere Demokratie".

Stoltenberg will 100-Milliarden-Fonds für die Ukraine

Stoltenberg brachte bei dem Gipfel zudem einen neuen Hilfsfonds von 100 Milliarden Euro ins Gespräch. Er hofft auf einen Beschluss bis zum NATO-Jubiläumsgipfel in Washington im Juli. Der NATO-Generalsekretär will damit die Hilfe für die Ukraine längerfristig und verlässlicher anlegen, als dies derzeit mit der bilateralen Hilfe und dem von den USA initiierten Ramstein-Format der Fall ist. Ein Hintergedanke ist auch, die Hilfe für die Ukraine unabhängiger von den USA zu machen. Zum einen bekommt US-Präsident Joe Biden sein milliardenschweres Ukraine-Militärpaket nicht durch den Kongress. Zum anderen gibt es Befürchtungen, dass die US-Unterstützung im Fall einer Rückkehr von Trump ins Weiße Haus ganz zum Erliegen kommen könnte.

Bei einer ersten Debatte am Mittwoch hatten Deutschland und andere große Länder wie Spanien zurückhaltend reagiert und weitere Informationen über die Verwendung der Mittel gefordert. Außenministerin Baerbock begrüßte zwar eine stärkere Rolle der NATO bei der Koordinierung der Ukraine-Hilfe. Man müsse aber aufpassen, dass es keine Duplizierung gebe, weil auch die EU bereits einen milliardenschweren Fonds für die Ukraine-Militärhilfe habe. Bei 32 NATO und 27 EU-Ländern gebe es zahlreiche Überschneidungen, sagte Baerbock auch in Anspielung auf den milliardenschweren EU-Topf für Militärhilfe für die Ukraine.

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Nach Angaben des lettischen Ressortchefs Krisjanis Karins gibt es allerdings im Kreis der NATO-Außenminister Unterstützung für den Plan eines Fünf-Jahres-Fonds in Höhe von 100 Milliarden Euro. Die Vorschläge von Stoltenberg seien allgemein positiv aufgenommen wurden, sagte Karins.

Die 32 NATO-Außenminister wollen an diesem Donnerstag den 75. Geburtstag des westlichen Verteidigungsbündnisses feiern. Zudem treffen sie ihren ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba im NATO-Ukraine-Rat. Auch dabei geht es um die Hilfe für die Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland. An dem Treffen nehmen auch die beiden jüngsten Allianzmitglieder Finnland und Schweden teil. "Demokratische Nationen und freie Menschen haben sich für den Beitritt zur NATO entschieden, im Gegensatz zu Russland, das sich durch Annexion oder illegale Aggression ausbreitet", sagte die finnische Außenministerin Elina Valtonen.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/rts/AFP

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