US-Abschreckung reicht Stoltenberg sieht keinen Bedarf für EU-Atomwaffen
14.02.2024, 15:16 Uhr Artikel anhören
Das bestehende System biete "seit Jahrzehnten die ultimativen Sicherheitsgarantien", sagt NATO-Generalsekretär Stoltenberg.
(Foto: REUTERS)
SPD-Europaspitzenkandidatin Barley tritt eine Debatte darüber los, ob die EU eigene Atomwaffen brauche, um einen Ausfall der USA bei einem Wahlsieg Trumps zu kompensieren. NATO-Chef Stoltenberg wirbt dagegen dafür, die Glaubwürdigkeit des bestehenden Abschreckungsregimes zu stärken.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich gegen ein zusätzliches System der atomaren Abschreckung in Europa ausgesprochen. "Wir haben die nukleare Abschreckung der NATO und diese bietet den NATO-Verbündeten seit Jahrzehnten die ultimativen Sicherheitsgarantien", sagte der Norweger am Rande von Beratungen der Verteidigungsminister der Bündnis-Mitglieder in Brüssel. Es gelte dafür zu sorgen, dass das funktionierende System sicher und zuverlässig bleibe. Dessen Glaubwürdigkeit dürfe nicht ausgehöhlt werden.
Kern der nuklearen Abschreckung sollen demnach die in Europa stationierten US-Atomwaffen bleiben, an deren Einsatz über das Konzept der "nuklearen Teilhabe" auch Länder wie Deutschland beteiligt werden könnten. Weiterer Bestandteil der nuklearen Abschreckung sind nach Angaben von Stoltenberg die Atomwaffen, über die die europäischen NATO-Staaten Großbritannien und Frankreich verfügen.
Hintergrund neuer Diskussionen über ein mögliches zusätzliches System der atomaren Abschreckung in Europa ist die mögliche Wiederwahl von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen im November. Der Republikaner hatte am Wochenende bei einem Wahlkampfauftritt deutlich gemacht, dass er Bündnispartnern mit geringen Verteidigungsausgaben im Fall eines russischen Angriffs keine amerikanische Unterstützung gewähren würde.
Unter anderem die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, zog daraufhin die Verlässlichkeit des US-Atomwaffen-Schutzschirms in Zweifel. Zur Frage, ob die EU eigene Atombomben brauche, sagte sie dem "Tagesspiegel": "Auf dem Weg zu einer europäischen Armee kann also auch das ein Thema werden."
Hebestreit: Gespräche mit Paris und London "braucht es nicht"
Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach sich für mehr Kooperation mit Frankreich und Großbritannien bei der atomaren Abschreckung aus. "Der französische Präsident Emmanuel Macron hat verschiedentlich Kooperationsangebote vorgetragen", schrieb der FDP-Vorsitzende in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Die jüngsten Äußerungen von Donald Trump sollten wir als Aufforderung verstehen, dieses Element europäischer Sicherheit unter dem Dach der NATO weiterzudenken."
Für Kanzler Olaf Scholz bezog Sprecher Steffen Hebestreit Stellung in der Debatte. Er verdeutlichte, er sehe keine Notwendigkeit für Gespräche, um französische und britische Atomwaffen in die nukleare Abschreckung einzubeziehen. Diese seien neben den US-Atomwaffen bereits "Teil des Abschreckungspotenzials der NATO." Insofern brauche es diese Gespräche "in dem Sinne nicht".
Hebestreit sagte mit Blick auf Trump, er "würde aber auch davor warnen, Äußerungen von Männern und Frauen, die sich im Wahlkampf befinden und auch um Aufmerksamkeit buhlen, an dieser Stelle überzubewerten". Deutschland glaube an die Beistandsgarantie der NATO. Trumps Äußerungen hätten "keinen Einfluss auf akutes NATO-Handeln". Dies enthebe aber nicht der Aufgabe, "immer wieder zu prüfen, ob wir richtig aufgestellt sind", sagte der Regierungssprecher weiter. Solche Entscheidungen würden aber diskutiert und dann mitgeteilt, "wenn sie reif sind".
Die Bundesregierung habe in ihrer nationalen Sicherheitsstrategie nochmals deutlich gemacht, dass sie weiterhin auf die nukleare Abschreckung und auch die nukleare Teilhabe setze, betonte Hebestreit auch mit Blick auf den Transport von US-Atombomben durch deutsche Kampfjets im Krisenfall. Dies seien "Gespräche, die wir jetzt auch im Rahmen der NATO vertraulich und geheim führen über alle weiteren Weiterungen."
Quelle: ntv.de, jog/dpa/AFP