Politik

Politisches Comeback in Frankreich? Strauss-Kahn feiert Freilassung

"Flucht" durch den Hinterausgang gescheitert: Dominique Strauss-Kahn verlässt das Restaurant.

"Flucht" durch den Hinterausgang gescheitert: Dominique Strauss-Kahn verlässt das Restaurant.

(Foto: REUTERS)

Die DNA beweist angeblich den sexuellen Kontakt von Ex-IWF-Chef Strauss-Kahn mit einem New Yorker Zimmermädchen. Allerdings zweifelt sogar die Staatsanwaltschaft an der Aussage des mutmaßlichen Opfers, das in kriminelle Machenschaften verwickelt sein soll. Und während Strauss-Kahn in Manhattan seine Freilassung feiert, spekuliert ganz Frankreich über ein politisches Comeback des Sozialisten.

Nach der überraschenden Wende im Fall von Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat der Franzose seine Freilassung aus dem Hausarrest gefeiert. Vor seinem New Yorker Apartmentkomplex zeigte sich Strauss-Kahn lächelnd den Journalisten, anschließend speiste der ehemalige Direktor des Internationalen Währungsfonds mit seiner Frau und Freunden in einem Lokal. Unter seinen französischen Parteikollegen löste die Freilassung Genugtuung aus.

Gemeinsam mit seiner Frau Anne Sinclair und einem befreundeten Paar besuchte Strauss-Kahn Freitagabend ein italienisches Restaurant auf Manhattans Upper East Side. Beim Verlassen des Restaurants durch den Küchenausgang gab es ein Blitzlichtgewitter der dort wartenden Fotografen, Strauss-Kahn und seine Frau lächelten jedoch nur und antworteten nicht auf die Fragen der Journalisten.

Zur Feier italienisch: Das Restaurant in Manhattan.

Zur Feier italienisch: Das Restaurant in Manhattan.

(Foto: REUTERS)

Nach der Entscheidung des Gerichts war der frühere IWF-Chef zunächst in seine Wohnung zurückgekehrt, in der er zuvor unter Hausarrest stand. Später wurden Luftballons in die Wohnung geliefert, darunter auch eine aufblasbare Freiheitsstatue, um damit die wiedergewonnene "Freiheit" des Franzosen zu feiern.

Drogenhandel und Geldwäsche?

Ein New Yorker Gericht hatte zuvor entschieden, Strauss-Kahn wegen Zweifeln an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers unter Auflagen freizulassen. Die Ermittlungen zu den Vergewaltigungsvorwürfen gegen den 62-jährigen Franzosen sollen aber fortgesetzt werden. Da die Justiz Strauss-Kahns Pass einbehielt, kann er sich vorläufig nur innerhalb der USA frei bewegen.

Die aus Guinea stammende Hotelangestellte, die Strauss-Kahn massive sexuelle Übergriffe in einem New Yorker Hotel vorwirft, hat seit dem angeblichen Vorfall am 14. Mai laut Staatsanwaltschaft mehrfach gelogen. Weniger als 24 Stunden, nachdem sie die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn erhoben hatte, führte die Frau offenbar ein Telefonat mit einem wegen Drogenbesitzes im Gefängnis sitzenden Mann und besprach dabei die Vorteile eines Vorgehens gegen Strauss-Kahn.

Strauss-Kahns Anwälte Ben Brafman (r) und William Taylor geben sich siegessicher.

Strauss-Kahns Anwälte Ben Brafman (r) und William Taylor geben sich siegessicher.

(Foto: dpa)

Wie die "New York Times" berichtete, war es offenbar dieser Anruf, der die Ermittler hellhörig machte. Das in der Sprache Fulani geführte Gespräch sei im Gefängnis aufgezeichnet worden, aber erst am Mittwoch übersetzt worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen mit dem Fall vertrauten Justizbeamten. Demnach sagte die Frau: "Mach dir keine Sorgen, dieser Typ hat viel Geld, ich weiß, was ich tue."

Die Staatsanwaltschaft glaube inzwischen weder ihrer Darstellung der Ereignisse noch ihre Angaben zu ihrem persönlichen Hintergrund, schrieb die "New York Times" weiter. Dem Bericht zufolge gibt es etwa Zweifel an ihrem Asylantrag. Sie habe möglicherweise Verbindungen zu Kriminellen, die im Drogenhandel und der Geldwäsche aktiv sein sollen. In den vergangenen zwei Jahren habe sie insgesamt rund 100.000 Dollar (70.000 Euro) "von verschiedenen Einzelpersonen" überwiesen bekommen.

Freude in Frankreich

In Frankreich reagierten Strauss-Kahns Parteifreunde erfreut auf seine Freilassung. Sozialisten-Chefin Martine Aubry, erklärte, sie glaube, dass die Wahrheitsfindung in den Vereinigten Staaten vorankomme. Ex-Parteichef François Hollande, der sich neben Aubry um die Präsidentschaftskandidatur für die Wahl 2012 bewirbt, schlug nach der Freilassung eine Verlängerung der am 13. Juli endenden Bewerbungsfrist vor. Er habe diesbezüglich "überhaupt keinen Vorbehalt", sagte er. Der frühere sozialistische Regierungschef Lionel Jospin sprach nach der Gerichtsentscheidung von einem "Donnerschlag - nur diesmal in umgekehrter Richtung".

Wegen der Vergewaltigungsvorwürfe war Strauss-Kahn als Chef des Internationalen Währungsfonds am 19. Mai zurückgetreten. Nachfolgerin ist die bisherige französische Finanzministerin Christine Lagarde.

Strauss-Kahn und seine Ehefrau lächeln nach der Freilassung optimistisch.

Strauss-Kahn und seine Ehefrau lächeln nach der Freilassung optimistisch.

(Foto: REUTERS)

"Der Fall ist noch nicht abgeschlossen, wir werden weitermachen, wie es unsere Pflicht ist", sagte Staatsanwalt Cyrus Vance. "Es ist die höchste Pflicht eines US-Staatsanwalts, dass die Rechte derer, die Hilfe bei der Justiz suchen, gewahrt bleiben." Der Anwalt des angeblichen Opfers von Dominique Strauss-Kahn sieht den Fall der versuchten Vergewaltigung unverändert. "Die Tat hat stattgefunden", betonte Kenneth Thompson in New York unmittelbar nach der Freilassung des früheren Währungsfondschefs. "Dieser Tag hat nichts verändert."

"Science Fiction" oder "Chance"

Sollte die Klage aber doch fallengelassen werden, könnte dies große Auswirkungen auf die französische Politik haben. Strauss-Kahn galt als aussichtsreichster Herausforderer von Sarkozy. Die Linken sind gespalten: Parteichefin Martine Aubry und der ihr in Umfragen überlegene Francois Hollande kämpfen um die Vorherrschaft.

Parteifreunde sehen nun wieder Chancen für eine Rückkehr Strauss-Kahns. Der ehemalige sozialistische Premierminister Lionel Jospin sprach von einem "Donnerschlag". Sollte DSK völlig entlastet werden, sei es an ihm und der Partei, über die Zukunft zu entscheiden. Der frühere Kulturminister Jack Lang erklärte: "Wenn sich die Neuigkeiten aus New York bestätigen, wäre das eine große Freude."

Politische Beobachter bezweifeln allerdings, dass Strauss-Kahn im kommenden Jahr als Kandidat für die Sozialisten antritt. So nannte der Chefredakteur des Magazins "L'Express", Christophe Barbier, eine Kandidatur allenfalls hypothetisch. "Das ist Science Fiction", sagte der Kommentator dem Fernsehsender LCI. Dennoch halten es Experten für möglich, dass der 62-Jährige wieder eine wichtige Rolle in der französischen Politik spielen wird.

Händedruck mit Präsident Sarkozy. Beobachter halten eine Präsidentschaftskandidatur von Strauss-Kahn aber weiter für hypothetisch.

Händedruck mit Präsident Sarkozy. Beobachter halten eine Präsidentschaftskandidatur von Strauss-Kahn aber weiter für hypothetisch.

(Foto: dpa)

Die französische Präsidentenwahl ist für den 22. April 2012 angesetzt. Kandidaten können sich auch noch wenige Wochen davor registrieren lassen.

DSK mit Fußfessel

Die Festnahme von DSK war weltweit mit großer Aufmerksamkeit verfolgt worden. Strauss-Kahn soll am 14. Mai in seinem Hotelzimmer splitternackt ein Zimmermädchen überfallen und zum Oralsex gezwungen haben. Der Franzose wurde gut vier Stunden nach dem Vorfall in der Erste-Klasse-Kabine seines Paris-Fluges festgenommen. Strauss-Kahn hatte zunächst einige Tage auf der Gefängnisinsel Rikers Island in Einzelhaft gesessen, bevor er in den Hausarrest entlassen wurde und eine Kaution in Millionenhöhe hinterlegen musste.

Die Vorführung des damaligen Chefs des Internationalen Währungsfonds in Handschellen sorgte vor allem in seinem Heimatland für einen Sturm der Entrüstung. Strauss-Kahn hat den Vorwurf der versuchten Vergewaltigung stets von sich gewiesen.

Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Justizkreise, gerichtsmedizinische Beweise belegten sexuelle Kontakte zwischen Strauss-Kahn und der Angestellten in dem Manhattaner Hotel. Strauss-Kahn hatte von einvernehmlichen Sex gesprochen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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