Ministerpräsidenten uneinig Streit um Beherbergungen bricht offen aus
13.10.2020, 13:21 Uhr
Manuela Schwesig fordert strenge Regeln für Risikogebiete.
(Foto: imago images/Margit Wild)
Während die Kritik am Beherbergungsverbot steigt, hält Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig die Maßnahme weiter für richtig. Doch mehrere ihrer Kollegen sehen das ganz anders.
Vor der ersten Präsenz-Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel seit Monaten zeigt sich, wie schwierig eine Einigung bei der Frage des Beherbergungsverbots ist. Die Landeschefinnen und -chefs haben völlig unterschiedliche Meinungen zu dem umstrittenen Thema. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig etwa ist gegen eine Lockerung des Beherbungsverbots für Touristen aus Corona-Risikogebieten. "Ich bin nicht dafür: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln", sagte die SPD-Politikerin der ARD. Mecklenburg-Vorpommern werde bei der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch mit Kanzlerin Angela Merkel auch nicht bei einer Aufweichung mitmachen.
Schwesig sagte weiter: "Wir brauchen eine klare, stringente Linie. Die kann in einer Zeit, wo die Zahlen immer mehr in Deutschland steigen, nicht Lockerung sein." Die 46-Jährige sprach sich stattdessen für strengere Regeln aus, "insbesondere in Risikogebieten" und erklärte: "Wir sind mit unseren strengen Regeln von Anfang an in der Corona-Zeit gut gefahren. Wir haben die niedrigsten Infektionszahlen, obwohl wir dreimal so viele Touristen beherbergt haben, wie wir eigentlich Menschen im Land sind. Das zeigt, dass unsere Regeln gut funktionieren."
Verbot ergebe "keinen Sinn"
Auch das Land Brandenburg will seine Einschränkungen hinsichtlich des Beherbergungsverbots nicht lockern, Nordrhein-Westfalen dagegen wird das umstrittene Verbot auch weiterhin nicht umsetzen. Das kündigte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU in Düsseldorf an. Solche Verbote machten nach seinem Wissen "keinen Sinn, weil sie nicht dazu beitragen, die Ansteckungsketten zu verlangsamen". Und er betonte: "Wir müssen aufpassen, dass wir für das, was wir machen, die Akzeptanz behalten." Viele Corona-Maßnahmen seien in den vergangenen Monaten zwar akzeptiert worden. "Aber diese Maßnahme hat sehr viel Akzeptanz kaputtgemacht", sagte er mit Blick auf das Beherbergungsverbot. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, hatte schon am Montag gesagt, sie wolle das Verbot nicht umsetzen.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller bekräftigte seine Kritik. "Das Beherbergungsverbot macht keinen Sinn und schafft nur Verwirrung und Unverständnis", sagte er dem Nachrichtenportal ThePioneer. Er verwies darauf, dass viele Berliner täglich ins Nachbarland Brandenburg pendelten - "aber zum Übernachten müssen sie zu Hause sein".
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder warnte derweil eindringlich vor einer weiteren Verschlimmerung der Infektionslage. "Wenn wir nicht rasch und konsequent handeln, dann droht Schlimmeres", sagte er im Bayerischen Rundfunk. Sollten die Infektionszahlen flächendeckend steigen, müsse es wieder überall verschärfte Maßnahmen geben. Das Beherbergungsverbot verteidigte er zwar, beharre aber auch nicht darauf. Die Regelung sei ein untergeordnetes Thema, sagt der CSU-Politiker.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält dagegen fest am Beherbergungsverbot fest. "Ich habe gerade eine Aussetzung des Beherbergungsverbots gestoppt", sagte er in Stuttgart vor Journalisten. Es gehe nun darum, das Infektionsgeschehen zu verlangsamen und eine Ausbreitung zu verhindern. "Wir haben das Virus nur im Griff, wenn wir in der Lage sind, Infektionsketten lokal nachzuverfolgen." Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha erklärte, es sei zwar bekannt, dass Hotels bei Infektionen keine Hotspots darstellten. Es gehe aber darum, den Anreiz zu Mobilität zu verringern.
CSU-Generalsekretär Markus Blume warnte die Regierungschefs der Bundesländer davor, bei ihrem Treffen die möglicherweise letzte Chance gegen einen zweiten bundesweiten Lockdown zu verspielen. "Wir haben nur noch ein ganz schmales Zeitfenster, in dem wir es schaffen können, mit sehr verbindlichen Maßnahmen einen neuerlichen Lockdown zu vermeiden", sagte er der "Augsburger Allgemeinen". "Ob wir das schaffen, entscheidet sich am Mittwoch bei der Ministerpräsidentenkonferenz."
Vereinheitlichung gefordert
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, sprach sich für eine Vereinheitlichung der Beherbergungsregeln aus. "Wir brauchen möglichst einheitliche und vor allem klare Regeln, die auch tatsächlich dem Schutz der Gesundheit dienen, sonst gefährden wir die Akzeptanz in der Bevölkerung", sagte er der Heidelberger "Rhein-Neckar-Zeitung".
Es müsse von der Spitzenrunde ein "klares Signal gegen die Kleinstaaterei" ausgehen, findet auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. "Wir benötigen Klarheit für die Menschen in Deutschland - dies gilt insbesondere für innerdeutsche Reisen", sagte er in Hamburg.
Bei dem Treffen soll es nicht nur, aber eben auch um das Beherbergungsverbot gehen. In den meisten Bundesländern dürfen Menschen aus Regionen mit mehr als 50 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche nur in einem Hotel übernachten, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Mecklenburg-Vorpommern schreibt zudem noch eine 14-tägige Quarantäne direkt nach der Einreise vor. Beides wird vielfach als unverhältnismäßig kritisiert, zudem wird die Inanspruchnahme von Testkapazitäten moniert.
Quelle: ntv.de, nan/dhe/dpa