Politik

Welt zu sehr auf IS fokussiert Syrien fühlt sich im Stich gelassen

Für ein Ende der Gewalt in Syrien braucht das Land internationale Hilfe.

Für ein Ende der Gewalt in Syrien braucht das Land internationale Hilfe.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seit der IS in Syrien weite Landstriche erobert und eine brutale Herrschaft errichten will, richtet die Welt das Augenmerk auf den Kampf gegen den Terror - und vergisst dabei offenbar das "Blutvergießen" im Land.

In einem bewegenden Appell haben dutzende Organisationen der syrischen Zivilgesellschaft die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Beendigung des Bürgerkriegs gebeten. Die 85 Gruppen erklärten, sie fühlten sich von der Weltgemeinschaft im Stich gelassen, da diese sich zu sehr auf den Kampf gegen den Extremismus fokussiere. Um diesen zu stoppen, müsse aber vielmehr das "Blutvergießen" im Bürgerkrieg beendet werden.

Um die Gewalt in Syrien zu stoppen, seien zwei Schritte nötig, "die wir allein nicht schaffen", erklärten die 85 Gruppen, darunter zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Gewerkschaften. So müssten die Bombenangriffe durch die syrische Armee aufhören, außerdem seien Verhandlungen "zwischen allen syrischen Gruppen und ihren internationalen Unterstützern" nötig.

Über 220.000 Todesopfer im Bürgerkrieg

Seit vier Jahren tobt der Bürgerkrieg in Syrien.

Seit vier Jahren tobt der Bürgerkrieg in Syrien.

(Foto: picture alliance / dpa)

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte in seinem 13. Syrien-Monatsbericht, dass seit der Konzentration auf den IS Hilfslieferungen für zwölf Millionen Menschen durch Gewalt und Bürokratie behindert werden. Mehr als 220.000 Menschen seien seit Beginn des Konflikts 2011 getötet worden. Rund vier Millionen Syrer seien ins Ausland geflohen, 7,6 Millionen in ihrer Heimat auf der Flucht. Millionen Menschen profitierten von UN-Hilfslieferungen, sagte Ban. In abgelegenen Gebieten gebe die Versorgung von 4,8 Millionen Menschen jedoch Anlass zu großer Sorge. Krankenhäuser und Schulen würden angegriffen. Die Kriegsparteien behinderten zudem die Versorgung mit Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Zudem halte die internationale Spendenbereitschaft nicht Schritt mit den Bedürfnissen der Menschen.

In Syrien herrscht seit vier Jahren Bürgerkrieg. Begonnen hatte der Konflikt Mitte März 2011 mit regierungskritischen Protesten, die blutig unterdrückt wurden. In der Folge weitete sich der Unmut zu einem bewaffneten Konflikt aus. Die Lage verschärfte sich enorm, als im Sommer vergangenen Jahres Kämpfer der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) weite Landstriche eroberten und dort eine brutale Herrschaft errichteten. Eine internationale Militärallianz geht seit mehreren Monaten mit Luftangriffen gegen IS-Stellungen vor.

"Zutiefst frustriert" wegen fehlender Hilfe

Die Vertreter der Zivilgesellschaft nannten ihre Kampagne "Planet Syrien". "Manchmal fühlen wir uns tatsächlich so, als würden wir auf einem anderen Planeten leben", sagte eine der Organisatoren, Ula Ramadan, zur Begründung. "Unsere Bitten um Frieden und Demokratie werden von Vielen so behandelt, als seien sie etwas Außerirdisches."

Eine weitere Organisatorin, Salma Kahale, sagte, die syrische Zivilgesellschaft sei "zutiefst frustriert" angesichts der fehlenden internationalen Unterstützung. Dabei sei das Ganze "nicht kompliziert", fügte sie hinzu. "Die große Mehrheit der Syrer möchte weder eine Diktatur noch Extremismus. Wir möchten das, was alle möchten: Freiheit und Würde."

In ihrer Kampagne zogen die zivilen Vertreter eine Verbindung zwischen dem täglichen Bürgerkriegsleid und dem Erstarken extremistischer Gruppen. "Mit jedem Haus, das sie zerstören, radikalisieren sich noch mehr Menschen", erklärten die Organisationen. Sie bezogen sich damit vor allem auf Fassbombenangriffe der Regierungstruppen. "Extremismus entsteht in den Trümmern unserer zerstörten Städte."

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen das Zentrum zur Dokumentation von Übergriffen, die Kurdische Frauengewerkschaft sowie das Syrische Netzwerk für Menschenrechte.

Quelle: ntv.de, hla/AFP/rts

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