Politik

Nun auch in Nordafghanistan Taliban dringen vor

Taliban-Kämpfer haben im nordafghanischen Verantwortungsbereich der Bundeswehr erstmals einen Distrikt vorübergehend in ihre Gewalt gebracht. Nach Polizei- und Regierungsangaben wurden dabei ein Polizist getötet und neun weitere verschleppt.

Der Polizeisprecher der Provinz Baghlan, Jawed Basharat, sagte, Dutzende mit Maschinengewehren und Panzerfäusten bewaffnete Aufständische hätten das Verwaltungszentrum des Distrikts Borka gestürmt. Sie hätten Regierungsgebäude, die Polizeistation sowie einen Polizeiwagen in Brand gesteckt und sich dann zurückgezogen. Polizisten suchten nach den Angreifern und den Verschleppten. Die Internationale Schutztruppe ISAF sei daran nicht beteiligt.

Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, die Aufständischen hätten den Distrikt drei Stunden in ihrer Gewalt gehabt und sich dann in ihre Stellungen in der Provinz zurückgezogen. "Das Schicksal der gefangenen Polizisten wird von unserer Führung entschieden." Bei dem Angriff seien drei afghanische Angehörige der Sicherheitskräfte getötet worden. Angaben der Taliban zu Opfern bei ihren Angriffen und Anschlägen sind unzuverlässig. Die Aufständischen hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach Distrikte besonders im umkämpften Süden überrannt, bislang aber nicht im Norden des Landes. In Nordafghanistan hat innerhalb der ISAF die Bundeswehr das Kommando, die dort auch eine Schnelle Eingreiftruppe unterhält.

Der britische Premierminister Gordon Brown traf unterdessen zu einem Besuch in Afghanistan ein. Brown sei in der südafghanischen Unruheprovinz Helmand mit britischen Soldaten und mit Gouverneur Gulab Mangal zusammengekommen, sagte ein Sprecher der Provinzregierung.

Pakistan: Atomwaffen sicher

Der pakistanische Präsident Asif Ali Zardari schloss indes aus, dass die Atomwaffen des Landes in die Hände der Taliban fallen. "Die Atomanlagen Pakistans sind in sicheren Händen", sagte Zardari. Das Befehls- und Kontrollsystem sei umfassend und funktioniere.

Das Vorrücken der radikal-islamischen Taliban auf bis zu 100 Kilometer vor die Hauptstadt Islamabad hatte in den USA die Sorge um die Stabilität des Atomwaffenstaats vergrößert. Die USA könnten die Möglichkeit nicht akzeptieren, dass die Taliban die Kontrolle über die pakistanischen Atomanlagen übernähmen, hatte US-Außenministerin Hillary Clinton vergangene Woche gesagt. Pakistan ist ein wichtiger Verbündeter des Westens im Kampf gegen die Taliban, die dort und in Afghanistan eine islamische Herrschaft errichten wollen.

Familiengesetz für Schiiten wird überarbeitet

Das umstrittene Ehe- und Familiengesetz für die schiitische Minderheit wird nun neu gefasst. Präsident Hamid Karsai teilte mit, das Justizministerium überarbeite das Gesetz, um es mit der Verfassung und internationalen Verträgen, die sein Land unterzeichnet habe, in Übereinstimmung zu bringen. Die Verfassung garantiert Afghaninnen die Gleichberechtigung mit den Männern.

Kritiker im In- und Ausland hatten entsetzt auf Bestimmungen des Gesetzes reagiert, dass Frauen ihren Männern sexuell zu Diensten sein müssen. Sie sahen darin einen Freibrief zur Vergewaltigung in der Ehe. Außerdem sollten schiitische Frauen, das Haus nur mit Genehmigung ihrer Männer verlassen dürfen. Die Schiiten stellen etwa 15 Prozent der afghanischen Bevölkerung.

Quelle: ntv.de

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