Kinderporno-Verdacht Tauss legt Ämter nieder
06.03.2009, 10:31 UhrDer Karlsruher SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss ist wegen des Verdachts der Kinderpornografie von seinen Ämtern zurückgetreten - sein Bundestagsmandat will er aber behalten. Tauss beteuerte erneut seine Unschuld.
Der 55-Jährige legte seine Ämter als Sprecher für Forschung, Bildung und Medien der SPD-Bundestagsfraktion sowie im Fraktionsvorstand nieder. Zudem gibt er sein Amt als Generalsekretär der Südwest-SPD auf. Er wolle seine Partei wegen der Vorwürfe nicht belasten, hieß es in einer Erklärung. "Ich bin mir absolut sicher, dass der gegen mich erhobene Vorwurf schnell ausgeräumt werden kann", erklärte Tauss.
"Von Berufs wegen damit zu tun"
Er habe sich als Medienpolitiker mit dem Thema Kinderpornografie beschäftigt, beteuerte der SPD-Politiker. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe bestätigte jedoch, dass Tauss Kontakt zu einem Mann hatte, der Kinderpornos verbreitet haben soll.
Außerdem sei in der Berliner Wohnung des Abgeordneten "einschlägiges" Material außerhalb von Computern gefunden worden. Das müsse Tauss erklären. "Das können wir so nicht nachvollziehen", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Politiker erklärte, er werde die Ermittlungsbehörden "nach allen Kräften unterstützen und kooperativ mit ihnen zusammenarbeiten".
Medien vorab informiert?
Tauss' Anwalt Jan Mönikes erhob unterdessen schwere Vorwürfe gegen die Ermittlungsbehörden: "Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat am Donnerstag in einer Weise kommuniziert, die dem Grundsatz der Unschuldsvermutung widerspricht." Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft habe "bereits Stellung genommen, als die Durchsuchungen noch gar nicht abgeschlossen waren. Das ganze Vorgehen war vollkommen unmöglich. Ich kritisiere das scharf", sagte Mönikes der "Stuttgarter Zeitung".
Der Anwalt vermutet, dass Journalisten vorzeitig auf die geplanten Durchsuchungen angesetzt worden seien: "Kamerateams waren so schnell an Ort und Stelle, dass der Verdacht einer Vorabinformation der Medien auf der Hand liegt." Dagegen hätten er und sein Mandant erst in der nächsten Woche die Möglichkeit, Einsicht in die Akten zu nehmen. "Man muss wissen, dass mein Mandant von jemandem beschuldigt wird, der selbst unter Verdacht steht", fügte der Anwalt hinzu. "Die Klärung der Vorfälle kann Monate dauern."
Baden-Württembergs SPD-Vorsitzende Ute Vogt sagte zum Rückzug des Generalsekretärs: "Dieser Schritt verdient abseits der gegen ihn erhobenen Vorwürfe unseren Respekt." Die Südwest-SPD drängt die Staatsanwaltschaft nun, schnell eine Bewertung abzugeben, ob sich der Verdacht erhärtet hat. "Die Öffentlichkeit und Tauss haben Anspruch auf eine rasche Auskunft", sagte SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel in Stuttgart.
Zahlreiche "Kontakte"
Am Donnerstag hatte die Staatsanwaltschaft Büros und Wohnungen von Tauss in Berlin und Bretten (Kreis Karlsruhe) durchsucht und Material sichergestellt. Dies bedeute aber nicht, dass er damit überführt sei, betonte ein Sprecher. Er bestätigte aber Medienberichte, wonach der Kinderporno-Verdacht durch einen Hinweis der Staatsanwaltschaft Bremerhaven in Bewegung kam. Bei einem Mann aus der Szene seien zwei Handy-Nummern gefunden worden, die Tauss zugeordnet werden konnten. Insgesamt sollen danach 23 Kontakte vermerkt gewesen sein, unter anderem per SMS und MMS. "Dem widerspreche ich nicht", sagte Oberstaatsanwalt Rüdiger Rehring mit Blick auf die Berichte.
In mindestens einem Fall soll Tauss den Berichten zufolge auch eine DVD von dem Mann aus Norddeutschland erhalten haben. Das vorgelegte Material habe den Immunitätsausschuss überzeugt. Daraufhin wurde die Immunität des Politikers aufgehoben.
Für die Staatsanwaltschaft, die gegen Tauss wegen Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften ermittelt, ist der Politiker "verdächtig". Ob er das Material auch verbreitet habe, sei aber offen. Für die Verbreitung von Kinderpornografie drohen in Deutschland bis zu fünf Jahre Haft. Besitz oder Erwerb werden mit bis zu zwei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe geahndet.
Aus der Tauss-Erklärung
Tauss schrieb in seiner Erklärung: "Als medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion habe ich mich immer und sehr entschieden für einen besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet und für die entschlossene Bekämpfung von Kinderpornografie eingesetzt. Zugleich habe ich aber auch immer davor gewarnt, dieses Thema politisch zu instrumentalisieren, um bürgerliche Freiheitsrechte einzuschränken."
Die Ermittler wollen nun das Material auswerten und Tauss vorhalten. Bei den Durchsuchungen von Büros und Privaträumen waren rund 30 Beamte von Donnerstagmittag bis in die Abendstunden im Einsatz - zum Teil sei Tauss selbst dabei gewesen.
Quelle: ntv.de