Politik

Besuch in Nordkorea Tendenzen der Öffnung in Kims Reich

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (r.) im Juli 2012 bei einem Besuch des "Volksvergnügungsparks" Rungna in Pjöngjang.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un (r.) im Juli 2012 bei einem Besuch des "Volksvergnügungsparks" Rungna in Pjöngjang.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein Transparent mit der Aufschrift "Führer, wir folgen dir bis zum Ende" hängt in einer Fabrik, die mit Geldern der Europäischen Union in Nordkorea errichtet wurde. Darüber ärgert sich der CDU-Politiker Herbert Reul nach einer Reise durch das abgeschottete Land nicht. Er setzt auf weniger deutliche Zeichen.

Faszination und Verwunderung sind Herbert Reul immer noch anzumerken. "Ich habe noch nie eine so saubere Stadt gesehen wie Pjöngjang", sagt er kopfschüttelnd, "überall sind Menschen, die Unkraut zupfen und Straßen kehren." Die Autobahnen seien fast leer, immer wieder träfe man auf militärische Posten. "Bedrückend", sagt Reul bei einem Treffen in Berlin.

Propaganda aus dem Souvenirshop: Diese Postkarte brachte Reul mit aus Nordkorea.

Propaganda aus dem Souvenirshop: Diese Postkarte brachte Reul mit aus Nordkorea.

Fünf Tage lang war der Vorsitzende der CDU-CSU-Gruppe im Europaparlament mit einer 14-köpfigen Delegation in Nordkorea, am vergangenen Samstag kehrte er zurück. Mit seinen Kollegen aus unterschiedlichen Ländern Europas traf er Mitglieder des nordkoreanischen Parlaments, den Vizeaußenminister, den Vizelandwirtschaftsminister, den Vizehandelsminister. Er besuchte die Stadt Kaesong - die gleichnamige Sonderwirtschaftszone, in der Süd- und Nordkorea gemeinsam einen Industriepark betreiben, durfte seine Delegation nicht betreten. Ohnehin stehen die Fabriken dort still - im April hatte Nordkorea die grenznahe Sonderzone "vorübergehend" geschlossen, seither wird über eine Wiedereröffnung verhandelt. Die jüngste Verhandlungsrunde ging am Montag ergebnislos zu Ende.

Stattdessen zeigten seine Gastgeber ihm ein medizinisches Zentrum für Alternativmedizin, eine voll automatisierte Lebensmittelproduktion sowie eine Fabrik, in der Saatgut veredelt wird. Angestoßen wurde dieses Projekt von der deutschen Welthungerhilfe, finanziert von der Europäischen Union, nach fünf Jahren jedoch in nordkoreanische Hände übergeben. Ein Plakat mit der Aufschrift "Führer, wir folgen dir bis zum Ende" hänge in der Fabrik, so Reul.

Bombe und Wohlstand gehen nicht zusammen

Darüber ärgert sich der CDU-Politiker nicht, im Gegenteil: Er ist vom Konzept "Wandel durch Annäherung" überzeugt. "Je mehr Projekte wir da machen, desto besser", sagt er. Ihm geht es darum, das Feindbild der Nordkoreaner zu knacken. "Das wird nicht Simsalabim gehen, das ist klar", räumt er ein.

Die Abgeordneten des europäischen Parlaments meinten jedenfalls, leichte Anzeichen von Veränderung bemerkt zu haben. Das Land wirke "nicht mehr ganz so zubetoniert", so Reul, der Vorsitzender der Delegation des Europäischen Parlamentes für die Beziehungen zur koreanischen Halbinsel ist. Dennoch sei erschreckend, was für ein "religiös verklärtes Weltbild" dort herrsche. Selbst ein Vertreter des - natürlich staatlichen - Verbands der nordkoreanischen Katholiken leite alles vom "Großen Führer" ab. Zugleich gebe es "ein paar mehr Autos" auf den Straßen, die Leute wirkten freundlicher als bei früheren Besuchen, gelegentlich sehe man modisch gekleidete junge Menschen mit Mobiltelefonen.

Offene Gespräche mit den Vertretern des nordkoreanischen Staates seien naturgemäß unmöglich gewesen. "Wir haben allerdings versucht, Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der Nordkoreaner aufzuzeigen, nicht belehrend, eher nachdenklich." Zwei Ziele hätten die Nordkoreaner als zentral dargestellt: die Erhöhung des Lebensstandards für die nordkoreanische Bevölkerung sowie die nukleare Aufrüstung. Die Delegation habe darauf aufmerksam gemacht, dass diese Ziele einander ausschlössen: "Wenn sie nuklear aufrüsten, werden keine Investoren ins Land kommen. Beides zusammen geht nicht!", betont Reul.

"Dann bekommt man die Tür nicht mehr zu"

Die Reaktionen auf solche Hinweise seien "meist sehr ideologisch" ausgefallen, "sehr verhärtet". Dennoch machte Reul selbst unter den offiziellen Gesprächspartnern leichte Anzeichen einer Öffnung aus. Einer der Gesprächspartner habe auf sein Ohr gedeutet und so deutlich gemacht, dass er verstanden habe, was Reul meinte. Direkt geantwortet habe er zwar nicht. Der Europaparlamentarier war trotzdem beeindruckt: "Das fand ich extrem stark."

Unterm Strich ist Reuls Eindruck allerdings, dass das Regime in Pjöngjang beim Atomprogramm zu keinen Zugeständnissen bereit ist. "Für die Nordkoreaner, mit denen wir gesprochen haben, ist das Atomprogramm das Symbol der Unabhängigkeit von den 'Imperialisten' in den USA und Japan", sagt Reul. "Wie die da rauskommen wollen, ohne ihr Gesicht zu verlieren, ist mir schleierhaft."

Ein weiteres Zeichen der Öffnung sieht Reul in den Vergnügungsparks, von denen es in Nordkorea immer schon einige gab. Der jüngste befindet sich auf der Insel Rungna im Fluss Taedong in der Hauptstadt Pjöngjang. Reul sieht Parks wie den von Rungna als Indiz, "dass die neue Führung ihren Leute etwas bieten will - zumindest dem Führungspersonal". Er vergleicht Nordkorea mit dem großen Nachbarn China, mit einem Land also, das zwar ebenfalls eine Diktatur ist, in dem es jedoch deutlich größere Freiräume gibt. "Wenn man einmal anfängt zu öffnen, dann bekommt man die Tür nicht mehr zu."

Quelle: ntv.de

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