"Tod Deutschland" Tote nach Protesten
06.02.2006, 07:29 UhrNach Angriffen auf dänische Vertretungen in Syrien und Libanon haben iranische Demonstranten am Montag die Botschaften Dänemarks und Österreichs in Teheran angegriffen. Bei dem Protest gegen die von Muslimen als Gotteslästerung empfundene Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed seien am Abend mehrere Iraner in das Botschaftsgebäude eingedrungen und hätten Teile der Einrichtung verwüstet, berichtete Dänemarks Botschafter Claus Juul Nielsen telefonisch im dänischen Fernsehen.
Im Laufe des Tages waren bei den seit Tagen andauernden Protestaktionen in Afghanistan und Libanon erstmals auch vier Menschen gestorben. Die Arabische Liga rief die Muslime nach den Gewaltausbrüchen zur Mäßigung auf. Sie forderte aber ebenso "ein Ende der Beleidigung des Islams". Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und politische Parteien sowie Kirchen- und Menschenrechtsorganisationen äußerten sich besorgt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel rief erneut zu Gewaltverzicht und Dialog auf. "Gewalt kann kein Mittel der Auseinandersetzung sein", sagte Merkel in Berlin. In einem Telefongespräch mit dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen drückte sie ihre Besorgnis über die anti-dänischen Ausschreitungen in der islamischen Welt aus. Die Krawalle seien bei allem Verständnis für die verletzten Gefühle der Muslime "inakzeptabel". Das Auswärtige Amt forderte Deutsche auf, sich von Menschenansammlungen in Syrien und Libanon fern zuhalten.
In Bagram nördlich von Kabul wurden zwei Demonstranten getötet. US-Soldaten und afghanische Polizisten hätten sich mit Demonstranten Feuergefechte geliefert, sagte der Sicherheitschef des Distrikts. Zuvor war bereits in der ostafghanischen Stadt Mehtarlam ein Demonstrant getötet worden. In Beirut erlag einer der Männer, die dort am Vortag das dänische Konsulat gestürmt und in Brand gesetzt hatten, nach Angaben der Polizei seinen schweren Kopfverletzungen.
Aufgebrachte Muslime demonstrierten auch in Ägypten, Indonesien, Thailand, Indien, den Palästinensergebieten und auf den Philippinen gegen die Karikaturen. Bei den Protesten in Teheran warfen mehrere hundert Demonstranten am Abend trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen Steine und Brandsätze und versuchten, die dänische Vertretung in Brand zusetzen. Nach Angaben von Dänemarks Botschafter Nielsen gelang es einigen vorübergehend ins Botschaftsgebäude zu gelangen und Teile von diesem zu verwüsten.
Zuvor hatten Demonstranten versucht, die österreichische Botschaft in Teheran in Brand zu setzen. Sie konnten nach Augenzeugenberichten allerdings nur das Tor anzünden, dann sei die Feuerwehr angerückt und habe das Feuer gelöscht. Bei beiden Protesten skandierten die Teilnehmer auch "Tod Deutschland" und "Tod England". Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik, deren Land die EU- Ratspräsidentschaft innehat, forderte von muslimischen Staaten Garantien für den Schutz von Europäern und deren Botschaften.
In Kairo führte Scheich Mohammed Said Tantawi als Oberhaupt der einflussreichsten religiösen Institution im sunnitischen Islam eine Demonstration von rund 10.000 Studenten und Lehrkräften auf dem Gelände der Al-Azhar Universität an. Er stellte sich hinter den Aufruf zur "Fortsetzung des Boykotts" dänischer Produkte. UN- Generalsekretär Annan hatte in der Nacht erneut ein Ende der Gewalt gefordert.
Quelle: ntv.de