"Es ist wie in Jalta"Trumps Ukraine-Plan soll russische Energie für Europa vorsehen

Was steckt hinter der Nähe Trumps zu Kremlchef Putin? Laut einer US-Zeitung wird der US-Präsident von handfesten wirtschaftlichen Interessen geleitet. Auf Kosten Europas, zur Freude des Kreml.
Der Ukraine-Plan von US-Präsident Donald Trump sieht offenbar eine weitreichende wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland vor, wobei auch die russischen Energielieferungen nach Europa wiederhergestellt werden sollen. Dies geht aus einer Reihe von Dokumenten hervor, die die Trump-Regierung den Europäern in den vergangenen Wochen übergeben hat, schreibt das "Wall Street Journal". In den Papieren legen die Amerikaner demnach ihre Vision für den Wiederaufbau der Ukraine und die Rückkehr Russlands in die Weltwirtschaft dar. Das Ergebnis dürfte die wirtschaftliche Landkarte des Kontinents "tiefgreifend verändern", so die Zeitung weiter.
Demnach enthält ein Anhang einen groben Plan der USA, um die russische Wirtschaft aus der Isolation zu holen. Dies soll geschehen, indem US-Unternehmen in strategische Sektoren investieren - unter anderem in die Ölförderung in der Arktis - und dabei helfen sollen, die russischen Energielieferungen nach Westeuropa und in den Rest der Welt wiederherzustellen. Zudem seien US-Investitionen in strategische Bereiche Russlands wie seltene Erden geplant, berichtet das "Wall Street Journal" weiter.
In den Plänen geht es laut der Zeitung auch um eingefrorene russische Vermögenswerte in Höhe von mehr als 200 Milliarden Dollar, die in Europa liegen. Diese sollen für Projekte in der Ukraine genutzt werden, so etwa für ein neues Rechenzentrum, das vom derzeit von russischen Streitkräften besetzten Kernkraftwerk Saporischschja mit Strom versorgt werden soll.
Ein namentlich nicht genannter europäischer Vertreter habe die vorgeschlagenen Energiegeschäfte zwischen Russland und den USA mit einem berüchtigten anderem historischen Ereignis verglichen. "Es ist wie in Jalta", sagte er. Auf der Konferenz von Jalta 1945 teilten die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs - die Sowjetunion, Großbritannien und die USA - ihre Einflussbereiche in Europa auf. Einige europäische Beamte, die die Dokumente gesehen haben, sagten, sie seien sich nicht sicher, ob sie alle US-Pläne ernst nehmen sollten. Ein Beamter verglich die Vorschläge mit Trumps Vision, in Gaza eine Anlage im Stil der Riviera zu errichten.
Europa hat andere Pläne
Der US-Plan dürfte allerdings in Europa auf Widerstand stoßen. Seit der russischen Vollinvasion versucht es zunehmend, sich von seiner Energieabhängigkeit von Moskau zu lösen und die Kriegskasse des Kreml zu schwächen. Auch wollen die Europäer die eingefrorenen russischen Gelder, die bei europäischen Institutionen liegen, nutzen, um der klammen Ukraine ein sogenanntes Reparationsdarlehen von bis zu 165 Milliarden Euro zu gewähren. Dafür sollen die rund 210 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen als Sicherheit für EU-Anleihen dienen.
An den Verhandlungen beteiligte US-Beamte sagen laut "Wall Street Journal", dass der Ansatz Europas die eingefrorenen Gelder schnell aufbrauchen würde. Washington hingegen würde Führungskräfte der Wall Street und Private-Equity-Milliardäre dazu bewegen, das Geld zu investieren und den für Investitionen verfügbaren Betrag zu erhöhen. Ein an den Gesprächen beteiligter Beamter sagte, dass der Topf unter amerikanischer Verwaltung auf 800 Milliarden Dollar anwachsen könnte. "Wir haben das Gefühl, dass wir das Finanzwachstum wirklich verstehen", so der Beamte.
Der Kreml reagierte mit Genugtuung auf den Bericht des "Wall Street Journal". Russland sei an ausländischen Investitionen interessiert, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut der Nachrichtenagentur Reuters. Auf die Frage nach den Vorschlägen zur Einfrierung von Vermögenswerten lehnte Peskow eine Stellungnahme ab.
In Europa ist dagegen die Angst groß, dass der US-Ansatz Moskau eine Atempause verschaffen könnte, um seine Wirtschaft anzukurbeln und sein Militär auf Vordermann zu bringen. Eine neue Einschätzung eines westlichen Geheimdienstes besagt laut dem "Wall Street Journal", dass Russland sich technisch gesehen seit sechs Monaten in einer Rezession befindet und dass die Herausforderungen, die mit der Kriegswirtschaft und dem Versuch der Preiskontrolle verbunden sind, ein systemisches Risiko für seinen Bankensektor darstellen.
"Der Konflikt am Verhandlungstisch dreht sich mittlerweile nicht mehr nur um Grenzen, sondern zunehmend auch um wirtschaftliche Interessen", resümiert die Zeitung. Dabei stellten sich die USA in einer überraschenden Wendung nicht nur gegen die Ukraine, sondern auch gegen ihre traditionellen Verbündeten in Europa. Erst vor Kurzem hatte das "Wall Street Journal" berichtet, wie US-Unternehmen mit engen Verbindungen zur Trump-Regierung sich in Position gebracht hätten, um vom Ukraineplan der USA zu profitieren.