Ban will neue Finanzordnung UN-Generaldebatte beginnt
23.09.2008, 19:11 UhrMit Forderungen nach einer weltweiten Kraftanstrengung zur Neuordnung des Finanzsystems hat in New York die 63. Generaldebatte der Vereinten Nationen begonnen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte in seiner Auftaktrede angesichts der Kreditkrise und der Explosion bei Energie- und Lebensmittelpreisen vor einem weltweiten Notstand. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schlug einen internationalen Gipfel zur Finanzkrise vor und sprach sich für einen "regulierten Kapitalismus" aus, der riskanten Spekulationsgeschäften enge Grenzen setze. US-Präsident George W. Bush warb um Vertrauen in das Krisenmanagement seiner Regierung angesichts der Finanzturbulenzen.
UN-Generalsekratär Ban mahnte eine neue Wertorientierung im Finanzsektor an: "Wir brauchen ein neues Verständnis von Ethik und Verantwortung in der Wirtschaft, mit mehr Mitgefühl und weniger unkritischem Glauben an die 'Magie' des Marktes", sagte Ban. "Wir müssen die Ordnung auf den internationalen Finanzmärkten wiederherstellen." Die Finanzkrise sei gemeinsam mit den steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen derzeit die größte Herausforderung für die internationale Gemeinschaft. "Die reichen Länder fürchten eine Rezession, während den Ärmsten der Armen das Geld für Essen fehlt", sagte Ban.
Die krisenhafte Entwicklung stelle den Willen und die Fähigkeit der Welt zur Zusammenarbeit auf die Probe, sagte Ban. Er warnte vor einem Mangel an globaler Führung und einer Konzentration auf nationalstaatliche Alleingänge. Die Krise erfordere "gemeinsames Handeln", sagte er. "Nationen können ihre Interessen nicht mehr ohne die Partnerschaft mit dem Rest der Welt schützen", fuhr er fort. "Ich sehe die Gefahr, dass sich Nationen mehr nach innen wenden statt nach außen in Richtung einer gemeinsamen Zukunft." Ausdrücklich kritisierte Ban dabei das Scheitern der Doha-Runde über ein neues Welthandelsabkommen.
Bush wirbt um Vertrauen
US-Präsident Bush, in dessen Land die Krise ihren Ausgang genommen hatte, mühte sich in seiner letzten Rede vor dem UN-Gremium, die Sorgen vor einem weiteren Fortgang der Finanzkrise zu dämpfen. "Ich kann Ihnen versichern, dass meine Regierung und unser Kongress zusammenarbeiten", sagte er. Er sei zuversichtlich, dass das geplante Rettungspaket für den US-Finanzsektor in dem "erforderlichen dringlichen Zeitrahmen" verabschiedet wird. Im US-Kongress gab es zunächst noch keinen Konsens über das Paket, das einen Umfang von bis zu 700 Milliarden Dollar haben soll.
Außerdem rief Bush die Staatengemeinschaft zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Extremismus und Terrorismus auf. Es genüge nicht, wenn die Vereinten Nationen Terrorakte im Nachhinein verdammten. Bush griff Syrien und den Iran scharf an. Beide Länder förderten nach wie vor den Terrorismus.
Sarkozy für "regulierten" Kapitalismus
Frankreichs Präsident Sarkozy brachte in seiner UN-Rede einen Krisengipfel ins Gespräch, der über die Konsequenzen der Finanzkrise beraten solle. Auf dem Treffen sollten die Staats- und Regierungschefs "gemeinsam darüber nachdenken, welche Lehren wir aus der schwersten Finanzkrise seit den 1930er Jahren ziehen", sagte Sarkozy. Als Termin schlug er den November vor. Der Gipfel könne im Rahmen der G-8-Länder stattfinden und anderen großen Volkswirtschaften offen stehen.
Ziel des Treffens solle sein, "einen regulierten Kapitalismus wiederaufzubauen, in dem die Banken ihren eigentlichen Job erfüllen, nämlich Finanzen für die wirtschaftliche Entwicklung bereitzustellen anstatt sich auf Spekulationen einzulassen", sagte Sarkozy. Er sprach sich zugleich dafür aus, jene zur Verantwortung zu ziehen, die durch riskante Geschäfte die Ersparnisse der Bürger "in Gefahr bringen".
Sarkozy forderte eine Vergrößerung des Sicherheitsrats und der G8-Runde. Die Welt des 21. Jahrhunderts könne nicht mit den Institutionen des 20. Jahrhunderts regiert werden. Der Sicherheitsrat, das höchste UN-Gremium, gilt seit langem als antiquiert. Bisher sind alle Reformversuche jedoch an den unterschiedlichen Interessen gescheitert.
Kein Vertrauen zum Weltwährungsfonds
Auch Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva sprach sich für eine Einschränkung von Finanzspekulationen aus, die sich zuletzt in einem Stadium der "Anarchie" vollzogen hätten. Dafür müssten weltweite Finanzorganisationen wie der Internationale Währungsfonds neu geordnet werden, denen er eine tief greifende Vertrauenskrise diagnostizierte. Die Institutionen hätten derzeit "weder die Autorität noch die Instrumente, um die Anarchie des Spekulantentums zu stoppen", sagte Lula. Schwellenländer wie China und Indien fühlen sich in den Institutionen unterrepräsentiert.
Proteste vor Ahmadinedschads Auftritt
Die Generaldebatte in New York findet zum 63. Mal statt. Auch der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad wird sprechen. Der Besuch des iranischen Präsidenten in New York löste Proteste aus. Vor dem UN-Hauptquartier demonstrierten mehrere jüdische Gruppen gegen Ahmadinedschads Auftritt vor der UN-Vollversammlung.
Steinmeier spricht am Freitag
Deutschland wird von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul vertreten. Steinmeiers Rede steht für Freitag auf dem Programm.
Quelle: ntv.de