Politik

Abstimmung in Afghanistan UNO räumt Wahlbetrug ein

Hat die UNO bewusst Informationen über die Manipulation der Wahl in Afghanistan zurückgehalten? Der UN-Sondergesandte in dem Land räumt nun erstmals einen weitreichenden Betrug bei der Stimmabgabe im August ein.

"Es gab weitreichenden Betrug": Der UN-Sondergesandte in Afghanistan, Kai Eide, bei der Pressekonferenz in Kabul.

"Es gab weitreichenden Betrug": Der UN-Sondergesandte in Afghanistan, Kai Eide, bei der Pressekonferenz in Kabul.

(Foto: AP)

Zwei Monate nach der Präsidentenwahl in Afghanistan hat die UNO erstmals einen größer angelegten Wahlbetrug eingeräumt. Der UN-Sondergesandte in dem Land, der Norweger Kai Eide, sprach von einem "bedeutenden" und weitreichenden Betrug, dessen genaues Ausmaß untersucht werde. Gegen die UN-Mission waren zuletzt Vorwürfe laut geworden, Informationen über die Manipulationen vertuschen zu wollen.

Unregelmäßigkeiten habe es in einer Reihe von Wahllokalen im Süden und im Südosten des Landes gegeben, "jedoch nicht nur dort", sagte Eide auf einer Pressekonferenz in Kabul, bei der auch die Botschafter der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs sowie Repräsentanten der EU und der NATO anwesend waren. Wegen der noch laufenden Ermittlungen der Unabhängigen Wahlkommission (IEC) und der Wahlbeschwerdekommission (ECC) sei es noch nicht möglich zu sagen, wieviele Stimmen gefälscht worden seien. Angaben, nach denen 30 Prozent der Stimmen manipuliert wurden, könne er derzeit nicht bestätigen. "Ich kann nur sagen, es gab weitreichenden Betrug."

Endergebnisse Ende der Woche erwartet

Die Wahlen am 20. August waren praktisch von Beginn an von Vorwürfen des Wahlbetrugs überschattet gewesen, der vor allem dem Lager von Präsident Hamid Karsai zur Last gelegt wurde. Laut dem vorläufigen Ergebnis gewann der Amtsinhaber die Wahl mit 54,6 Prozent der Stimmen; sein schärfster Herausforderer Abdullah Abdullah kam auf knapp 28 Prozent. Die Endergebnisse des Urnengangs werden für Ende der Woche erwartet.

Eide wies Vorwürfe zurück, denenzufolge er das Ausmaß der Wahlmanipulationen zu verschleiern versuchte. Der UN-Sondergesandte zeigte sich sichtlich verärgert über entsprechende Äußerungen seines ehemaligen Stellvertreters Peter Galbraith. Dieser habe "in privaten Gesprächen" gemachte Äußerungen missbraucht. Galbraiths Anschuldigungen hätten nicht nur auf seine persönliche Integrität gezielt, sondern auch dem Wahlprozess geschadet, kritisierte Eide.

Experten fordern rasche Stichwahl

Eides Stellvertreter war am 30. September von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon entlassen worden. Galbraith hatte öffentlich von weitreichendem Wahlbetrug gesprochen und auf die hohe Zahl abgegebener Stimmen in Regionen mit traditionell geringer Wahlbeteiligung verwiesen. Seinem Vorgesetzten warf er vor, diese Erkenntnisse bewusst zurückgehalten und nicht einmal den ausländischen Botschaftern in Kabul übermittelt zu haben. Unter Berufung auf Angaben von EU-Beobachtern äußerte Galbraith den Verdacht, dass ein Drittel der Stimmen für Karsai gefälscht worden sein könnten.

Karsais Rivale Abdullah zeigte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP überzeugt von der "Transparenz" der Ermittlungen von IEC und ECC. Diese würden auf eine Stichwahl zwischen ihm und Karsai hinauslaufen, sagte der Politiker. Sollte eine solche Stichwahl notwendig werden, müsste sie nach Ansicht von Experten schnell abgehalten werden: Große Teile Afghanistans werden durch den beginnenden Winter schon bald nicht mehr zugänglich sein.

Quelle: ntv.de, AFP

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