"Miserables Signal" US-Blockade im Klimaschutz
21.05.2007, 16:25 UhrFolgt man jüngsten Signalen aus den USA, entwickelt sich dort der Klimaschutz zum wichtigen Thema für die Präsidentschaftswahl 2008. Die frühere US-Außenministerin und jetzige Unternehmensberaterin Madeleine Albright sah kürzlich in Berlin sogar Bewegung in der Klimapolitik von Präsident George W. Bush. Die hatte zuvor auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem Besuch Ende April in Washington festgestellt. "Wir haben einen Riesenschritt nach vorn gemacht", sagte Merkel beim Gipfeltreffen von EU und USA. Die offen gebliebenen Fragen für ein gemeinsames Vorgehen der führenden Industrieländer zur Eindämmung des gefährlichen Klimawandels seien beim G8-Gipfel vom 6. bis 8. Juni in Heiligendamm an der Ostsee zu klären. Illusionen hatte die Kanzlerin dabei sicher nicht, als sie von "unterschiedlichen Ansätzen" in der Politik der USA und der Europäischen Union sprach.
Nun stellt sich heraus, dass Bush im vorletzten Amtsjahr alles andere als "Gipfelstürmer" in Sachen Klimaschutz werden will. Seine Unterhändler sind kräftig dabei, die unter Federführung der deutschen Präsidentschaft vorgeschlagenen Verpflichtungen für konkreten Klimaschutz zu verwässern. Dabei geht es - wie üblich bereits vor dem Treffen der Chefs –d arum, die Heiligendammer Abschlusserklärung von ihren beauftragten "Sherpas" vorbereiten zu lassen. Für Merkel ist das Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach.
Dabei zeigt sich, dass die Gehilfen des US-Präsidenten sämtliche Zielvorschläge - wie eine Reduktion des schädlichen Kohlendioxids von 1990 bis 2050 um 50 Prozent und eine Verbesserung des Energieeinsatzes (Effizienz) von 2005 bis 2020 um 20 Prozent - aus dem Text haben streichen lassen. Selbst die von der Wissenschaft warnend vorgehaltene Obergrenze einer durchschnittlichen Erwärmung um 2 Grad Celsius in diesem Jahrhundert findet sich nicht wieder.
Herausgestellt werden dagegen Punkte, die die USA und ihre Geschäfte angesichts zunehmender Engpässe bei Öl und Gas besonders interessieren und die sie zum Teil auch bereits beim Washingtoner Gipfel herausgestellt hatten: die Weiterentwicklung alternativer Kraftstoffe und Ökostrom, Technologievereinbarungen, ein Markt für CO2-intensive Produktionen ähnlich dem Emissionshandel in der EU sowie technologische Kooperationen beim Biosprit und bei der Erforschung CO2-freier Kohlekraftwerke.
Alles zusammen nach Einschätzung von Experten in Berlin ein "miserables Signal" an den Rest der Welt, um Anfang Dezember auf der indonesischen Insel Bali in Nachfolgeverhandlungen über das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll eintreten zu können. Ohne den mit Abstand größten Verursacher von Treibhausgasen -die USA - seien die G5- Schwellenländer China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika für stärkere Eigenbeiträge zur Abwehr von Überschwemmungen, Dürren und Extrem-Stürmen nicht zu gewinnen.
Dabei stand diese Hoffnung hinter der Einladung dieser Länder zur G8-Sitzung nach Heiligendamm. Mit einem Verhandlungsmandat ausgerüstet wollten die Umweltminister auch die Entwicklungsländer in Bali verstärkt ins Boot holen. Sie sollen sich als Hauptbetroffene von Dürren und steigendem Meeresspiegel neuen Energie-Technologien aus den Industrieländern öffnen, um so die globale Erwärmung in den Griff zu bekommen.
Doch ohne eine Führungsrolle der Amerikaner gilt dies als fast unlösbar. Dabei drängt die Zeit. "Wenn wir bis 2009 nicht eine neue Klima-Architektur kriegen (...), werden wir in ein tiefes Loch stürzen", so der Chef des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Hans Joachim Schellnhuber. Und die Kanzlerin? Sie versprach zunächst nur: "Verhandelt wird da bis zum Schluss." Das sieht ihr Berater Schellnhuber ähnlich. Merkel sei da "sehr gut -und sie versteht sich auch sehr gut mit Präsident Bush". Ist das der Weg in lauer Ostsee-Luft, fragen Beobachter: Bush erliege erneut dem Charme der Bundeskanzlerin und unterschreibe am Ende doch noch verbindliche Klimaschutzziele?
Wolfgang Bunse, dpa
Quelle: ntv.de