Aber offen für Big Tech Harris sieht KI als "existenzielle" Bedrohung
22.07.2024, 16:59 Uhr Artikel anhören
Nach dem Verzicht von US-Präsident Biden könnte Vizepräsidentin Kamala Harris Präsidentschaftskandidatin der Demokraten werden. Lange waren sie und ihre Positionen kaum sichtbar. Das dürfte sich nun ändern. Zu wirtschaftspolitischen Themen hat Harris sich klar positioniert. Ein Überblick.
Kämpferin für den Datenschutz
2012 verklagte Harris als Generalstaatsanwältin von Kalifornien den Ebay-Konzern wegen wettbewerbswidriger Einstellungspraktiken im Zusammenhang mit einer Abwerbeverbotsvereinbarung mit dem Softwareunternehmen Intuit. 2014 führte diese Klage zu einem Vergleich von fast vier Millionen Dollar. 2015 zwang Harris das Startup Houzz dazu, einen Datenschutzbeauftragten einzustellen. Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, die App für Wohndesign habe Verkaufsgespräche ohne ordnungsgemäße Benachrichtigung und Zustimmung aufgezeichnet.
Eines ihrer wichtigsten Anliegen war es, die Verbreitung von Pornografie in sozialen Medien einzuschränken. Dies gilt vor allem für sogenannte "Rachepornos", einer Praxis, bei der Fotos ohne die Zustimmung von Betroffenen veröffentlicht werden. Harris machte sich hier für eine Kampagne verdient.
Der Druck führte dazu, dass Meta, Google, Microsoft und andere Tech-Riesen Maßnahmen ergriffen, um bestimmte Bilder zu entfernen. "Ich kann nicht genug betonen, wie sich führende Technologieunternehmen engagiert haben", sagte Harris damals auf einer Pressekonferenz. "Ich will damit nicht sagen, dass sich einer von ihnen über einen Anruf der Generalstaatsanwältin gefreut hat, in dem es hieß: 'Kommen Sie rein, wir wollen mit Ihnen sprechen.' Aber das haben sie alle. Das haben sie."
Eng vertraut mit Big-Tech

Tony West und Maya Harris bei einer Filmpremiere 2021 auf dem Roten Teppich.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Als Kandidatin für das Amt der Generalstaatsanwältin in Kalifornien versicherte Harris potenziellen Spendern angeblich, sie sei "eine Kapitalistin". Die 59-Jährige ist allgemein vertraut mit prominenten Technologiemanagern und Investoren - der örtlichen Industrie in ihrer Heimat Bay Area. Sie nahm an der Hochzeit von Sean Parker teil, einem früheren Facebook-Manager. Ihr Schwager Tony West ist der Chefjurist vom Fahrdienst Uber.
Harris nahm Spenden von Reid Hoffman an, einem prominenten Risikokapitalgeber und Mitbegründer der Karriereplattform LinkedIn, sowie von Milliardär John Doerr und Risikokapitalgeber Ron Conway. Auch Führungskräfte der großen Technologiefirmen unterstützten sie, darunter Sheryl Sandberg, die damalige Chefin für das operative Geschäft von Facebook, und der Milliardär Marc Benioff, CEO des Softwarekonzerns Salesforce.
Drei Milliarden für Klimaschutz
Harris' Positionen zu Klima und Energie ähneln denen Bidens. Doch im Laufe ihrer Karriere hat sie deutlich gemacht, dass saubere Energie und Umweltgerechtigkeit für sie Vorrang haben. Als Biden Harris als seine Vizekandidatin für das Rennen um das Weiße Haus 2020 bekannt gab, betonte er ihre harte Haltung gegenüber der Ölindustrie. Biden verwies auf Klagen, die Harris sowohl als Bezirksstaatsanwältin von San Francisco von 2004 bis 2011 angestrengt hatte, als auch als Generalstaatsanwältin von Kalifornien bis Januar 2017, als sie Senatorin wurde.
Im vorigen Jahr gab Harris ihr Debüt bei internationalen Klimaverhandlungen, kündigte eine Zusage von drei Milliarden Dollar für den Grünen Klimafonds (GCF) an und hielt ihre erste große internationale Rede zum Thema Klima. Als Vizepräsidentin war Harris auch daran beteiligt, politische Maßnahmen der Umweltschutzbehörden umzusetzen. Diese befassen sich mit seit Langem bestehenden Problemen der Umweltgerechtigkeit, wie etwa einem Multimilliarden-Dollar-Programm zum Austausch von Bleirohren und Bleifarbe im ganzen Land.
Harris: KI könne die "Existenz der Menschheit gefährden"
Als Vizepräsidentin hat sich Harris besonders deutlich zum Thema Künstliche Intelligenz (KI) geäußert. In einer Rede im November 2023 warnte sie vor der "existenziellen" Bedrohung durch KI und sagte, diese könne "die Existenz der Menschheit gefährden".
Bei Treffen mit Technologiemanagern wie Microsoft-Chef Satya Nadella, Sam Altman von OpenAI und Google-Chef Sundar Pichai warnte Harris, dass sie eine "moralische" Verpflichtung hätten, vor den möglichen Gefahren der KI zu schützen. Harris unterstützte eine KI-Verordnung von Biden, die einen stärkeren Schutz der Verbraucher vorsieht. Die Verordnung geht dabei besonders auf KI-Betrugsanrufe ein und auf die Auswirkungen nicht gekennzeichneter, von KI erstellter Inhalte.
Quelle: ntv.de, rwe/rts