Milizen bei Hinrichtung? USA lehnen Verantwortung ab
03.01.2007, 19:36 UhrDie USA haben die irakische Regierung für mögliche Fehler bei der Hinrichtung von Saddam Hussein verantwortlich gemacht. Die US-Armee sei an der Vollstreckung des Todesurteils gegen den irakischen Ex-Präsidenten nicht beteiligt gewesen, sagte ein Militärsprecher am Mittwoch.
US-Außenamtssprecher Sean McCormack erklärte, Diplomaten aus der Botschaft der Vereinigten Staaten in Bagdad hätten bei einem Gespräch mit Vertretern der irakischen Regierung ihre Bedenken zu der Hinrichtung geäußert. "Wir haben über den Zeitplan und die Vorgehensweise gesprochen", sagte McCormack ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen.
Viele Sunniten empören sich darüber, dass Saddam zum Auftakt des islamischen Opferfestes hingerichtet wurde. Zudem zeigen mit einem Mobiltelefon verdeckt gemachte Aufnahmen, dass er noch auf dem Schafott beschimpft wurde.
"Wir hätten die Sache anders gemacht", erklärte Generalmajor William Caldwell. Das US-Militär habe Saddam kurz vor der Exekution an die Iraker übergeben und sich dann vom Hinrichtungsort zurückgezogen. Die irakischen Behörden seien auch für die Sicherheitsmaßnahmen zuständig gewesen - etwa dafür, den Augenzeugen der Vollstreckung die Mobiltelefone abzunehmen. "Das ist eine souveräne Nation. Es ist ihr System. Sie treffen solche Entscheidungen", sagte Caldwell.
Niedere Beweggründe
Vertreter der Regierung in Bagdad äußerten den Verdacht, dass sich Milizen in das Hinrichtungskommando eingeschleust hätten, um mit dem heimlich aufgenommenen Video den Hass zwischen den Religionsgruppen weiter zu schüren. Der Nationale Sicherheitsberater der irakischen Regierung, Mowaffak al-Rubaie, warf den Urhebern des heimlich aufgenommenen Hinrichtungsfilms niedere Beweggründe vor: "Wer auch immer dieses Video in die Öffentlichkeit geschleust hat, wollte der nationalen Versöhnung im Irak Schaden zufügen und einen Keil zwischen Schiiten und Sunniten treiben." Der Hinrichtungsraum sei offensichtlich von Radikalen unterwandert worden, sagte Rubaie, der bei der Erhängung Saddams anwesend war.
Ähnlich äußerte sich ein ranghoher Mitarbeiter des Innenministeriums. "Die Hinrichtung wurde von Milizen und Außenstehenden durchgeführt", sagte der Behördenvertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. "Sie haben die Mannschaft aus dem Innenministerium verdrängt, das ursprünglich die Exekution ausführen sollte."
Sicherheitsberater al-Rubaie bestätigte Presseberichte, wonach die irakische Regierung die Angst umgetrieben habe, Saddam könnte seiner Strafe entgehen. Ministerpräsident Nuri al-Maliki habe deshalb auf einen raschen Vollzug gedrängt. "Je mehr Verspätung, desto mehr Proteste und mehr Spekulation." Er verwies auch auf Gerüchte, wonach die USA Saddam ins Exil hätten schicken können.
Tausende demonstrierten
Augenzeugen hatten mit einer Handy-Kamera ein Video von den letzten Minuten des früheren Präsidenten aufgenommen, das die Spannungen im Irak schürte. In dem Film, der im Internet veröffentlicht wurde, ist zu sehen und zu hören, wie Saddam bis zum letzten Moment beschimpft und verhöhnt wird. Anwesende skandierten unter anderem den Namen von Moktada al-Sadr, eines radikalen Milizenführers der Schiiten.
Tausende aufgebrachte Sunniten demonstrierten gegen die Hinrichtung. Am Mittwoch pilgerten weitere Menschen zu Saddams Grab in seiner Heimatstadt Audscha. Auch Nicht-Sunniten zeigten sich schockiert, dass das Urteil während eines religiösen Feiertags vollstreckt wurde.
Nun müsse die Regierung den Sunniten die Hand reichen, forderte Caldwell. Eine irakische Untersuchungskommission soll aufklären, wer die Hinrichtung mit seinem Mobiltelefon aufgenommen hat. Ermittler verhörten einen Verdächtigen, der die Hinrichtung verdeckt gefilmt haben könnte. Dabei handelt es sich um einen Wächter aus dem Gefängnis, in dem Saddam am Samstagmorgen gehängt worden war. Einige arabische Fernsehsender berichteten, dass es bereits eine Festnahme gebe.
Ein hochrangiger Berater Malikis erklärte unterdessen, dass der Hinrichtungstermin für Saddams Halbbruder Barsan al-Tikriti und den ehemaligen Richter Awad al-Bander noch nicht feststehe. "Höchstwahrscheinlich werden sie in der kommenden Woche nach den Feiertagen hingerichtet", sagte Sami al-Askari.
Quelle: ntv.de