Nicht weit hinter der russischen Grenze erschüttern in der Nacht mehrere Explosionen die Ruhe. Laut den ukrainischen Streitkräften wurde ein russisches Munitionsdepot zerstört. Moskau erklärt, dass dabei erstmals US-amerikanische ATACMS-Raketen gegen Ziele auf russischem Boden eingesetzt werden.

Die ukrainischen Streitkräfte haben zur Zerstörung eines Munitionslagers augenscheinlich erstmals US-amerikanische ATACMS-Raketen auf russischem Gebiet eingesetzt. In der Nacht zu Dienstag habe Kiew eine Militäreinrichtung in der Grenzregion Brjansk mit sechs ballistischen Raketen angegriffen, berichtet die staatlichen russischen Nachrichtenagenturen unter Berufung auf eine Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums. Fünf Raketen seien abgefangen worden, behauptet Moskau. Die sechste Rakete sei beschädigt worden. Ihre Trümmer seien auf ein Militärgelände im grenznahen Gebiet Brjansk gefallen. Ein Brand sei gelöscht worden. "Es gibt keine Opfer oder Zerstörungen", hieß es.

Zuvor hatte bereits die ukrainische Nachrichtenagentur RBK-Ukraina unter Berufung auf einen Offiziellen des ukrainischen Militärs über den erfolgreichen Luftschlag mit den US-Raketen berichtet. Gegenüber der "New York Times" bestätigten auch namentlich nicht genannte US-Offizielle den Einsatz der Waffe.

Laut Angaben des ukrainischen Generalstabs wurde bei dem Angriff ein Munitionslager nahe der russischen Stadt Karatschew beschossen. In dem Depot seien Artilleriegranaten, Raketen und Bomben aufbewahrt worden, teilte das ukrainische Militär in Kiew auf Facebook mit. Man habe zwölf Folgeexplosionen beobachtet - damit sind Detonationen der gelagerten Munition nach einem Einschlag gemeint. Aufnahmen von Anwohnern bestätigen die Angaben.

Antwort auf Nordkorea

Offen lässt der ukrainische Generalstab, ob der Angriff mit ATACMS-Raketen erfolgte. Medien in Kiew berichteten unter Berufung auf nicht genannte Militärs ebenfalls, dass dabei die von den USA gelieferten ATACMS-Raketen eingesetzt worden seien. "Das Objekt ist erfolgreich zerstört worden", zitierte das Portal RBK-Ukraina eine Armeequelle. Alle diese Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.

Die USA haben der Ukraine nach Medienberichten erst kürzlich gestattet, die Waffen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite auch gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies gilt als Antwort auf den vermuteten Einsatz nordkoreanischer Soldaten aufseiten Moskaus. Russland wiederum betrachtet die US-Waffen als eine Eskalation und eine Verwickelung der USA und anderer westlicher Staaten in den seit genau 1.000 Tage währenden Krieg.

Bislang durfte die Ukraine nur HIMARS-Raketenartillerie aus den USA gegen Ziele dicht hinter der russischen Grenze einsetzen, um die Offensive gegen die ostukrainische Großstadt Charkiw abzuwehren. Die Entscheidung des ausscheidenden US-Präsidenten Joe Biden ist im Lager seines Nachfolgers Donald Trump auf Kritik gestoßen. Auch auf einem russischen Militärblog und auf inoffiziellen Telegramkanälen war von Explosionen bei Karatschew die Rede. Die Stadt ist etwa 115 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.