Kasachstans Präsident Nasarbajew Umstrittener "Führer der Nation"
01.12.2010, 13:11 UhrPer Verfassungsänderung ließ sich der kasachische Präsident Nasarbajew den Titel "Führer der Nation" verleihen. Jetzt lädt der umstrittene Staatschef mit gespaltenem Verhältnis zur Demokratie zum OSZE-Gipfel - für Menschenrechtsaktivisten ein schlechter Scherz.
An Nursultan Nasarbajew scheiden sich die Geister: Die einen verdammen den Staatschef Kasachstans als korrupten Diktator, der sich an den Ölschätzen seines Land bereichert; die anderen loben den Vater des kasachischen Wirtschaftswunders, dem es geschickt gelang, sein Land auf der internationalen Szene zu platzieren.
Nasarbajews neuester Coup: Das erste Gipfeltreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) seit elf Jahren wird in Kasachstan ausgetragen. Der "Führer der Nation" lädt Regierungschefs aus dutzenden Staaten, unter ihnen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), in die Retortenstadt Astana, die Nasarbajew mitten in der kasachischen Steppe als neue Hauptstadt aus dem Boden stampfen ließ.
Korruptionsvorwürfe gegen Nasarbajew
Dass ausgerechnet Kasachstan in diesem Jahr den OSZE-Sitz übernahm und damit den Gipfel austragen darf, ist für nicht wenige Menschenrechtsaktivisten ein schlechter Scherz. Denn die OSZE, die der Sicherung von Demokratie und Menschenrechten verpflichtet ist, hat noch nie eine Wahl in dem Land für demokratisch erklärt. Immer wieder gibt es Vorwürfe wegen der Unterdrückung von politischen Gegnern und Medien.
Der 70 Jahre alte Nasarbajew selbst gibt sich zwar als überzeugter Demokrat, das hinderte ihn aber bislang nicht daran, seine Macht immer wieder mit nicht ganz lauteren Methoden zu zementieren. Freie Wahlen ließ er, der seit fast 20 Jahren an der Spitze der früheren Sowjetrepublik steht, nie zu. Erst im Mai ließ er sich vom Parlament mit einer Verfassungsänderung den Titel "Führer der Nation" und damit weitgehende Machtbefugnisse auf Lebenszeit verleihen. Immer wieder wurden auch Korruptionsvorwürfe gegen Nasarbajew laut, lukrative Posten und Aufträge soll er Familienmitgliedern zugeschanzt haben.
Der Mann mit dem wachsamen Blick
Der Mann, der selten lächelt und stets einen wachsamen Blick aufsetzt, arbeitete als Metallarbeiter, bevor er in den 60er und 70er Jahren als Parteisoldat in der kommunistischen Partei stetig aufstieg. 1984 wurde er Vorsitzender des Ministerrats der Sowjetrepublik Kasachstan, 1989 Parteichef und damit zugleich Mitglied des Politbüros der KPdSU. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion machte Nasarbajew eine rasche Wandlung durch und legte nach seiner Wahl zum Staatschef des unabhängigen Kasachstans 1991 ein umfangreiches marktwirtschaftliches Reformpaket auf.
Der wirtschaftliche Erfolg Kasachstans ist unbestritten. Vor dem Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 verzeichnete das Land ein Jahrzehnt lang Wachstumsraten um die zehn Prozent. Mit viel Geschick und einer gehörigen Portion Pragmatismus nutzte Nasarbajew den Erdöl-Reichtum seines Landes, sorgte für gute Beziehungen sowohl zu den Nachbarn China und Russland wie auch zu den USA, ohne sich aber zu deren Handlanger zu machen. Er verteilte Förderlizenzen an Firmen der drei Staaten, sorgte aber mit ständigen Drohungen vor Strafzahlungen oder Enteignungen dafür, dass die Interessen seines Landes nicht zu kurz kamen.
Großformatig im ganzen Land präsent
Das sichtbarste Zeichen des wirtschaftlichen Aufschwungs ist Astana, seit 1997 Hauptstadt des Landes, mit Milliardenbeträgen aus dem Erdöl-Geschäft geschaffen. Eine geradezu bizarre Anhäufung ungewöhnlicher architektonischer Einfälle. Mit der Stadt feiert Nasarbajew den Aufstieg seines Landes - und sich selbst.
Denn anders als im Nachbarland Turkmenistan zeugen zwar keine überdimensionalen Denkmäler von der Größe des Staatschefs - Nasarbajew erklärte einst gar, seine Landsleute sollten sich eines Tages wundern, warum ihm kein Monument gewidmet ist -, ganz ohne Personenkult geht es aber auch hier nicht. Im Fernsehen wird Nasarbajew ständig gezeigt, und auf großen Plakaten ist sein Porträt im ganzen Land zu sehen. In der Verfassung wird er zudem als Mitautor der Nationalhymne geführt. Gegen seinen Willen, wie Nasarbajew beteuert.
Quelle: ntv.de, AFP