Politik

Entwicklung zur Autokratie Ungarn fordert die EU

Die Opposition in Ungarn protestiert im Parlament - und fühlt sich vom Rest Europas alleine gelassen.

Die Opposition in Ungarn protestiert im Parlament - und fühlt sich vom Rest Europas alleine gelassen.

(Foto: dpa)

Die umstrittenen Verfassungsänderungen in Ungarn beschäftigen EU und auch den Bundestag. Wie viele EU-Staaten sind auch die Parteien in Deutschland in Sorge. Aber das war es dann schon wieder mit der Einigkeit.

EU-Justizkommissarin Viviane Reding droht Ungarn wegen der umstrittenen Verfassungsreform mit der Kappung europäischer Hilfen. "Die Kommission ist Hüterin der Verträge und als solche sieht sie nicht tatenlos zu, wenn die Grundsätze dieser Verträge mit den Füßen getreten werden", sagte Reding. Am Montag hatte die Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban Verfassungsänderungen im Budapester Parlament durchgesetzt, die international als Einschränkung demokratischer Rechte kritisiert werden.

Die Kommission werde die Verfassungsänderung und die sich daraus ergebenden Folgen überprüfen, sagte Reding und verwies auf Artikel 7 des EU-Vertrages. Demnach können die Rechte eines Mitgliedsstaates in der Europäischen Union eingeschränkt werden, wenn die Werte des Staatenbündnisses verletzt werden. Dies könne auch Kürzungen der Geldzahlungen an Ungarn oder Einschränkungen der Stimmrechte zur Folge haben. Reding sagte mit Blick auf die verfassungsändernde Mehrheit der Fidesz im Budapester Parlament: "Mit dem Grundgesetz spielt man nicht. Man kann nicht alle sechs Monate hingehen und das Grundgesetz ändern." Sie habe den Eindruck, dass in Ungarn die Rechtsstaatlichkeit in Gefahr sei, sagte die Kommissarin, die wie Orban der konservativen Parteienfamilie angehört.

Durch die Verfassungsänderung werden in Ungarn alle Entscheidungen des Verfassungsgerichts seit 2012 ungültig. Zudem darf sich das Gericht bei Gesetzen nur noch mit Verfahrensfragen und nicht mehr mit dem Inhalt beschäftigen. Das Parlament kann die Ausreise von Bürgern für mehrere Jahre verbieten, die für ihr Studium staatliche Hilfe erhalten haben. Kritiker werfen Orban zudem vor, mit der Verfassungsänderung die Machtbasis der Fidesz in öffentlichen Einrichtungen dauerhaft zu festigen. Die EU-Kommission fürchtet, dass durch die neue Verfassung unter anderem die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit der Zentralbank und des Justizwesens sowie anderer staatlicher Institutionen eingeschränkt werden.

"Staat wird zur Beute"

Die Parteien des Bundestags äußerten sich besorgt über die jüngsten Verfassungsänderungen im EU-Partnerland. In einer Aktuellen Stunde mahnten Redner von Koalition und Opposition übereinstimmend die Einhaltung von demokratischen Grundrechten an.

Im Bundestag war die Einigkeit allerdings nicht von langer Dauer. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hielt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, nicht ausreichend auf Ungarns Orban einzuwirken. Er forderte Merkel auf, beim EU-Gipfel in Brüssel auf eine Verurteilung der jüngsten Beschlüsse des ungarischen Parlaments hinzuwirken. "Wir dürfen nicht zuschauen, wie europäische Grundrechte missachtet werden. Das zerfrisst am Ende unseren gemeinsamen Wertekanon." Orban mache sich den ungarischen Staat mehr und mehr zur Beute.

Redner von Union und FDP nahmen die Kanzlerin in Schutz. Sie warnten davor, Ungarn auf die Anklagebank zu setzen. Der Bundestag dürfe sich nicht zum Richter über die Beschlüsse eines anderen europäischen Parlaments machen. Der CSU-Abgeordnete Karl Holmeier warf der Opposition Wahlkampf-Manöver vor. "Sie schaden mit ihrem geradezu rüpelhaften Verhalten dem Ansehen unseres Landes."

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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