Welche Rolle hatte Olaf Scholz? Union will Cum-Ex-Untersuchungsausschuss im Bundestag
04.04.2023, 11:06 Uhr
Weist jegliche Einflussnahme auf das Steuerverfahren der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Warburg-Bank zurück: Olaf Scholz.
(Foto: Christian Charisius/dpa)
Hat Hamburgs damaliger Erster Bürgermeister Olaf Scholz Einfluss auf ein Steuerstrafverfahren gegen die Warburg-Bank ausgeübt? In der Hansestadt gibt es bereits einen Untersuchungsausschuss um Scholz und die Cum-Ex-Affäre des Geldinstituts. Die Unionsfraktion will die Vorgänge auch im Deutschen Bundestag untersuchen.
Die Unionsfraktion plant einen Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag zum Umgang der Stadt Hamburg mit der in den Cum-Ex-Steuerskandal verstrickten Warburg-Bank. Das kündigte Fraktionsvize Mathias Middelberg in Berlin an. Der Ausschuss soll klären, ob in Olaf Scholz' Zeit als Hamburger Bürgermeister politischer Einfluss auf den Steuerfall genommen wurde und auf Rückforderungen gegen die Bank in Millionenhöhe verzichtet werden sollte. Auch soll geprüft werden, ob die Erinnerungslücken, auf die sich der Kanzler in dem Zusammenhang beruft, glaubhaft sind.
Hintergrund sind Treffen von Scholz mit den Bank-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung im Dezember 2016 eine ursprünglich geplante Rückforderung von 47 Millionen Euro wegen zu Unrecht erstatteter Kapitalertragssteuern an die Bank doch nicht erhoben und zunächst in die Verjährung laufen lassen. Eine zweite Forderung über weitere 43 Millionen Euro war Ende 2017 erst kurz vor der Verjährung auf Weisung des Bundesfinanzministeriums erhoben worden.
Nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 eigenen Angaben zufolge schließlich alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen. Scholz hatte bei seinen bislang zwei Vernehmungen vor einem Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zwar eingeräumt, dass die Treffen stattgefunden haben, sich hinsichtlich der Inhalte der Gespräche aber auf Erinnerungslücken berufen. Den Verdacht einer politischen Einflussnahme wies er dabei stets zurück. Einen Beweis für eine Einflussnahme hat der Hamburger Untersuchungsausschuss in zweieinhalb Jahren Tätigkeit bislang nicht erbracht.
Wie plausibel sind Scholz' Erinnerungslücken?
Die Unionsfraktion will auch klären lassen, ob Scholz sich bei seinen Befragungen im Finanzausschuss des Bundestags zum Cum-Ex-Fall im Juli 2020 noch an ein Treffen mit den Bankern erinnern konnte und wie dann die Erinnerungslücken wenige Monate später zu erklären sind.
CDU und CSU verfügen allein über die für die Einberufung eines Untersuchungsausschusses nötige Stimmenzahl von mindestens einem Viertel der Abgeordneten. Die Linke prüfe eine Unterstützung, sagte ihr finanzpolitischer Sprecher Christian Görke. "Klar ist: Die Widersprüche und offenen Fragen müssen aufgeklärt werden. Ein Untersuchungsausschuss scheint notwendig, da sich der heutige Bundeskanzler weiter weigert, sich den Fragen im Finanzausschuss des Bundestages zu stellen."
Die Cum-Ex-Affäre ist einer der größten Steuerskandale Deutschlands und wird juristisch aufgearbeitet. Die beteiligten Banken, unter ihnen die Warburg-Bank, und andere Investoren hatten sich dabei mit einem ausgeklügelten Verwirrspiel von Finanzbehörden Kapitalertragssteuer erstatten lassen, die nie gezahlt wurde. Dafür wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch in großen Paketen rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben, bis keiner mehr einen Überblick hatte. Dem Staat entstand geschätzt ein zweistelliger Milliardenschaden.
In einem ntv.de vorliegenden Schreiben von CDU-Fraktionschef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt an die Fraktion wird die besondere bundespolitische Relevanz des Falles betont. Da der Sachverhalt um die Warburg-Bank "in erheblichem Umfang bundespolitische Bezüge" aufweise, reicht der Unionsfraktion der Untersuchungsausschuss in Hamburg nicht aus. Schließlich habe die damalige Entscheidung der Hamburger Behörde, das Geld nicht zurückzufordern, sowohl die einheitliche Durchsetzung von Bundesrecht betroffen als auch die Steuereinnahmen des Bundes. "Der Umgang mit der Steueraffäre Warburg durch Olaf Scholz in seinen bundespolitischen Ämtern kann nur durch einen Untersuchungsausschuss auf Bundesebene genauer beleuchtet werden."
Quelle: ntv.de, ghö/dpa