Bewegung im Syrien-Konflikt Uno arbeitet an Resolution
20.04.2012, 20:01 Uhr
Protest gegen das Assad-Regime im Norden Syriens. Demonstranten schwenken die Flagge des Widerstands durch die Luft.
(Foto: AP)
Die Weltdiplomatie wird im Syrienkonflikt zunehmend nervös. EU-Politiker in Brüssel wollen mit "Luxus-Sanktionen" die syrische Führungsclique schwächen. US-Außenministerin Hillary Clinton regt inzwischen sogar einen Militäreinsatz an. Die Uno-Diplomaten sitzen inzwischen an der von allen Seiten geforderten neuen Resolution gegen das Assad-Regime.
Der UN-Sicherheitsrat ist zu dringlichen Beratungen über eine Syrien-Resolution zusammenkommen. Gegenstand ist die Entsendung von Beobachtern der Vereinten Nationen zur Überwachung der vor einer Woche beschlossenen Waffenruhe. Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen in New York hatten sowohl Russland als auch die Europäer Resolutionsentwürfe eingebracht, die inzwischen «zu einem Papier verschmolzen» sind, wie ein westlicher Diplomat erläuterte.

Anzugträger in Brüssel. Die EU-Außenminister erwägen "Luxus-Sanktionen" gegen die Reichen und Mächtigen in Syrien.
(Foto: dapd)
Diplomaten aus aller Welt hatten am Freitag Vorschläge gemacht, wie man der Krise in Syrien Herr werden könne. Die Europäische Union etwa will am Montag in Luxemburg über einen Lieferstopp von Kaviar, Champagner, teuren Weine, Trüffeln und anderen Delikatessen reden. Mit den Sanktionen könne die dem Luxus zugeneigte engste Umgebung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad getroffen werden, hieß es.
Frankreich will Beobachtermission aufstocken
Beim Treffen der Syrien-Kontaktgruppe in Paris forderte Frankreichs Außenminister Alain Juppé "robust ausgerüstete" UN-Beobachter zur Beendigung des blutigen Konflikts. Diese solle etwa 500 Mann umfassen und auch über Helicopter verfügen. Aus Syrien selbst kamen von Aktivisten der Opposition Berichte über neue Truppenkonzentrationen sowie die Forderung nach einem militärischen Eingreifen der internationalen Gemeinschaft auch ohne UN-Mandat.
Clinton spricht von "Wendepunkt"
Am Mittwochabend hatte bereits US-Außenministerin Hillary Clinton nach einem Treffen der "Freunde Syriens" in Paris einen eventuellen Militäreinsatz angeregt. Vor den Nato-Verteidigungsministern in Brüssel hatte Clinton von einem "Wendepunkt" gesprochen, an dem die Gewalt in Syrien entweder ende, oder aber die USA andere Wege fänden, um Druck auf Damaskus auszuüben. Zuvor hatte Clinton in einem CNN-Fernsehinterview erklärt: "Die USA stehen bereit, das zu tun, was die Internationale Gemeinschaft zu Syrien entscheidet."
Damit unterscheidet sich Clinton in ihrer Rhetorik deutlich von der ihres Kabinettskollegen Leon Panetta. Der US-Verteidigungsminister sagte, es gebe keine Wunderwaffe, um das Blutvergießen in Syrien über Nacht zu beenden. "Uns muss bewusst sein, dass eine Militärintervention die angespannte Lage verschlimmern und noch mehr Zivilisten in Gefahr bringen könnte." Panetta setzt darauf, die syrische Opposition zu stärken - etwa mit Kommunikationsgerät und humanitärer Hilfe.
Deutsche Politiker nervös
Angesichts solcher Überlegungen forderten Politiker von SPD und Grünen in Deutschland eine Klarstellung von Seiten der Bundesregierung. Es sollte geklärt werden, "ob es in der Koalition derzeit Überlegungen und Planungen für ein militärisches Eingreifen in Syrien gibt", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, dem Handelsblatt. Die gegenwärtigen Spekulationen über militärische Eingriffe seien "weder angemessen noch hilfreich".
Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte dazu, Außenminister Guido Westerwelle setze unverändert auf eine politische Lösung. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz, hält einen Militäreinsatz für unrealistisch. "Ich kann derzeit nicht erkennen, dass der UN-Sicherheitsrat ein Mandat für eine bewaffnete internationale Mission in Syrien beschließen würde", sagte er.
Russland gegen mehr Sanktionen
Russland wandte sich gegen weitere Zwangsmaßnahmen. "Wir betrachten sie als unvereinbar mit internationalem Recht", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Russland fordert aber wie Frankreich eine deutliche Ausweitung der Uno-Beobachtermission in Syrien. Der Weltsicherheitsrat müsse so bald wie möglich eine zweite Resolution zu dem Einsatz von Beobachtern beschließen, sagte Außenminister Sergej Lawrow in Moskau. Der Minister erhob erneut Vorwürfe gegen die bewaffnete Opposition in Syrien. "Es gibt den Wunsch, innerhalb Syriens und darüber hinaus, die Umsetzung des Annan-Plans zu stören", sagte Lawrow.
Die vom Syrien-Sonderbeauftragten der Uno und der Arabischen Liga Kofi Annan ausgehandelte Waffenruhe gilt offiziell seit dem 12. April. Darin hatte sich die Regierung verpflichtet, inhaftierte Oppositionsaktivisten freizulassen und die Armee und schwere Waffen aus den von Rebellen kontrollierten Gebieten abzuziehen.
Hilfsorganisationen müssen knapsen
Internationale Helfer klagen, dass ihnen das Geld für die Versorgung zehntausender syrischer Flüchtlinge ausgeht. Nicht einmal 20 Prozent der vor einem Monat für die Syrien-Nothilfe veranschlagten 84 Millionen Dollar (66 Millionen Euro) seien von Geberländern bereitgestellt worden, berichtete das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.
Ähnliche Sorgen äußerten bei einem Arbeitstreffen in Genf auch viele andere Hilfsorganisationen. Von 34 humanitären Organisationen, die an der Unterstützung der inzwischen rund 61.000 syrischen Flüchtlinge in benachbarten Ländern beteiligt seien, hätten bislang nur acht finanzielle Unterstützung von Geberstaaten erhalten, sagte eine UNHCR-Sprecherin.
Quelle: ntv.de, dpa