USA drohen Ecuador wegen Snowden Venezuela würde "fast sicher" Asyl gewähren
27.06.2013, 08:46 Uhr
In welchem Flieger wird Snowden sitzen?
(Foto: AP)
Das weitere Schicksal des ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden ist unklar. Die Bearbeitung des Asylantrags in Ecuador könnte einige Zeit dauern, sagt Außenminister Patiño. Zumal die USA dem Land mit dem Entzug von Handelsprivilegien drohen. Klarere Worte findet Venezuelas Präsident.

Auch in Ecuador verfolgen die Zeitungen mit Spannung den weiteren Verlauf des Falls Snowden.
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Der venezolanische Präsident Nicolás Maduro hat versichert, dass der von den USA der Spionage beschuldigte Geheimdienstenthüller Edward Snowden bei einer entsprechenden Anfrage "fast sicher" Asyl in Venezuela bekäme. Das Asyl sei eine "Einrichtung des internationalen Menschenrechts zum Schutz von Verfolgten", sagte Maduro bei einer Veranstaltung im zentralen Bundesstaat Guárico. Allerdings habe Venezuela keinen Antrag erhalten.
Maduro erinnerte zugleich daran, dass Ecuador ein Asylgesuch erhalten habe und dieses derzeit prüfe. Eine Entscheidung darüber könnte sich allerdings noch in die Länge ziehen. "Es hat zwei Monate gedauert, eine Entscheidung über Assange zu treffen, deswegen erwartet nicht, dass dieses Mal eine Entscheidung früher gefällt wird", sagte Ecuadors Außenminister Richard Patiño.
Sollte sich Snowden an die ecuadorianische Botschaft in Moskau wenden, würde man erwägen, ihm bereits zuvor Schutz zu bieten, sagte Patiño. Dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, gewährt Ecuador Unterschlupf in der Londoner Botschaft. Bei der Entscheidung über Snowdens Antrag werde man Risiken abwägen, einschließlich dem einer Beeinträchtigung der Handelsbeziehungen mit den USA, erklärte Patiño laut einem Bericht der regierungsnahen Zeitung "El Telégrafo".
Der Ton zwischen den USA und Ecuador verschärfte sich unterdessen. US-Kongressmitglieder drohten dem südamerikanischen Land offen mit schweren wirtschaftlichen Konsequenzen, sollte einem Asylantrag des 30-Jährigen dort stattgegeben werden. In dem Fall würde eine anstehende Verlängerung von Handelsprivilegien blockiert, erklärte der Vorsitzende des Senatsausschusses für Auswärtige Angelegenheiten, Robert Menendez. Die Regierung in Quito forderte die USA indes auf, schriftlich darzulegen, warum man Snowden kein Asyl gewähren solle. "Unsere Regierung wird Länder für schlechtes Verhalten nicht belohnen", drohte Menendez in einer Erklärung. "Handelsvorteile sind ein Privileg, das Staaten gewährt wird, kein Recht."
Entzug der Handelsprivilegien
Ähnlich äußerte sich der führende Demokrat im Handelsausschuss des Abgeordnetenhauses, Sandy Levin. Die im nächsten Monat auslaufenden Handelsprivilegien für Ecuador würden "auf keinen Fall" verlängert, sollte das Land Snowden Asyl gewähren, sagte er der Zeitung "The Hill". "Wenn sie das tun, gibt es keinen Grund, auch nur darüber zu reden."
Im Rahmen der Handelsprivilegien lieferte Ecuador im vergangenen Jahr Öl im Wert von 5,4 Milliarden Dollar in die USA. Ecuador könnte für sein Rohöl zwar andere Abnehmer finden. Seine Blumenindustrie mit mehr als 100.000 Beschäftigten dürfte aber leiden. Im vergangenen Jahr exportierte Ecuador Schnittblumen im Wert von 166 Millionen Dollar in die USA.
Transitzonen sind keine exterritorialen Gebiete, die Reisende generell vor dem Zugriff des jeweiligen Staates schützen. Auch in den Transitbereichen gelten der Bundespolizei zufolge das Aufenthalts- und Strafrecht des jeweiligen Staates.
Transitzonen an den Flughäfen wurden eigens dafür geschaffen, das Reisen über Ländergrenzen hinweg zu erleichtern. Wer während eines internationalen Flugs auf einem Airport nur umsteigt und dazu im Transitbereich bleibt, braucht für diesen Zwischenstopp in der Regel kein Visum. Auch nach dem deutschen Aufenthaltsgesetz ist ein Ausländer "erst eingereist, wenn er die Grenzübergangsstelle passiert hat".
Snowden, der in den vergangenen Wochen umfangreiche Ausspäh- und Überwachungsprogramme amerikanischer und britischer Geheimdienste öffentlich gemacht hatte, hält sich offenbar weiter auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo auf. Russischen Angaben zufolge befindet sich der 30-Jährige im Transitbereich. Die USA verlangen von Russland Snowdens Auslieferung. Moskau lehnt dies ab und erklärt zur Begründung, zwischen beiden Staaten gebe es kein Auslieferungsabkommen. Snowden soll in den USA wegen Geheimnisverrats der Prozess gemacht werden. Er hatte zunächst in Island um politisches Asyl nachgesucht.
Einem russischen Rechtsexperten zufolge könnte Snowden sehr lange im Transitbereich bleiben. Sollte der 30-Jährige ein Transitvisum besitzen, könnten die russischen Behörden dies "bei außergewöhnlichen Umständen" immer wieder verlängern, sagte der Jurist Wladislaw Kotscherin der Tageszeitung "Wedomosti". Mit der Annullierung von Snowdens Pass hätten die USA aus seiner Sicht solche "außergewöhnlichen Umstände" geschaffen, betonte der Anwalt.
Quito dementiert die Vergabe von Flüchtlingspapieren
Maduro fügte hinzu, der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Snowden habe "empfindliche Geheimnisse" aufgedeckt, nämlich, dass die USA "alle Welt ausspionieren". Jetzt übe Washington auf alle Welt Druck aus, damit niemand Snowden aufnehme. Doch die USA hätten selbst keine Probleme, dem kubanisch-venezolanischen Ex-CIA-Agenten Luis Posada Carriles Asyl zu gewähren. Posada Carilles, der unbehelligt im US-Bundestaat Florida lebt, gilt als Drahtzieher eines Bombenanschlags auf ein 1976 in Caracas gestartetes kubanisches Flugzeug, bei dem 73 Menschen getötet wurden.
Der 30-jährige Snowden war Ende Mai in Hongkong untergetaucht. Am vergangenen Wochenende floh er weiter nach Moskau. Offenbar hat der Computerexperte und frühere CIA-Mitarbeiter keine gültigen Reisepapiere, nachdem die USA ihm den Pass entzogen. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, hatte am Montag mitgeteilt, Snowden sei mit Flüchtlingspapieren aus Hongkong ausgereist, die ihm die ecuadorianische Regierung ausgestellt habe.
Die Regierung von Ecuador bestritt indes, Snowden Reisepapiere ausgestellt zu haben. Es gebe "keinen Pass" und "kein Dokument, das von einem ecuadorianischen Konsulat ausgefertigt wurde", teilte das Außenministerium in Quito mit. Snowden habe von Ecuador auch keinen Nachweis bekommen, dass er ein Flüchtling sei.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP