Berlin greift durch Verfassungsschutz beobachtet Corona-Proteste
14.04.2021, 15:06 Uhr
Der Berliner Verfassungsschutz schaut bei den Corona-Protesten künftig genauer hin.
(Foto: picture alliance/dpa)
Unter die Teilnehmer der Corona-Proteste mischen sich seit Monaten nach Einschätzung der Berliner Behörden auch "Reichsbürger" und Rechtsradikale. Eine dritte Gruppe ist mit bisherigen Rastern nicht zu erfassen. Sie alle aber eint die Herabsetzung des Staatswesens. Nun schauen die Verfassungsschützer genauer hin - zum Unmut der AfD.
Der Berliner Verfassungsschutz hat Teile der Corona-Protestbewegung unter Beobachtung gestellt. "Die Corona-Proteste haben sich spürbar verändert", sagte Innensenator Andreas Geisel im Ausschuss für Verfassungsschutz des Berliner Abgeordnetenhauses. Die Proteste hätten sich "in Teilen radikalisiert" und seien zu "einem Katalysator und Ventil für Demokratieskepsis und zum Teil sogar Demokratieverachtung" geworden.
Die Protestveranstaltungen seien von Verfassungsfeinden genutzt worden, um demokratiefeindliche Positionen zu verbreiten. Ergebnis der Analyse des Landesverfassungsschutzes sei, dass sich eine "Empörungsbewegung" formiert habe, die sich nicht in gängige Kategorien wie rechten, linken oder religiösen Extremismus einordnen lasse. Es handle sich um eine "heterogene Bewegung".
Geeint in permanenter Diffamierung
Geisel betonte, dass es wichtig sei, zwischen den Teilnehmern zu differenzieren. "Die Proteste können nicht in Gänze als verfassungsfeindlich bewertet werden", sagte der Innensenator. Die Mehrheit der Teilnehmer protestiere friedlich gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Neben dieser friedlichen Mehrheit gebe es aber Rechtsextreme und "Reichsbürger" sowie eine weitere Gruppe, "die nicht oder nur bedingt einem der bekannten Bereiche zugeordnet werden kann". Geeint scheint diese Gruppe laut Berliner Verfassungsschutz in ihrer "permanenten Diffamierung der Bundesrepublik, ihrer Institutionen und den Repräsentanten der Demokratie". Diese Gruppe verbreite gezielt Falschinformationen und sei zunehmend bereit, Politiker, Wissenschaftler und Journalisten verbal und körperlich anzugreifen.
Geisel betonte, dass diese Gruppe die Corona-Proteste lediglich als "Vehikel" betrachte. Über die Jahre habe sie verschiedene Themen für die eigenen Zwecke genutzt. "Das einigende Band ist nicht Corona, sondern Demokratieskepsis und Verachtung", sagte Geisel. Konkrete Schritte des Landesverfassungsschutzes wurden im öffentlichen Teil der Ausschusssitzung nicht besprochen.
AfD: Pressefreiheit auch für "alternative Medien"
Der Sprecher für Verfassungsschutz der Berliner SPD-Fraktion, Tom Schreiber, begrüßte, dass Berlin "eine klare Position bezieht". Es sei "unerträglich", dass in Berlin Impfzentren bewacht werden müssten. Linke Innenexperte Niklas Schrader bezeichnete die Entscheidung als "folgerichtig". Viele Informationen seien jedoch seit Langem bekannt. Am bedrohlichsten sei die Unterstützung für demokratiefeindliches Verhalten "aus der breiten Masse" der Demonstranten. "Dass da kein Widerspruch kommt, dagegen hilft kein Nachrichtendienst der Welt", warnte Schrader.
AfD-Fraktionsvize Ronald Gläser kritisierte die Entscheidung. Die Pressefreiheit gelte "nicht nur für ARD und ZDF, sondern auch für alternative Medien", sagte er. Sie dürften "nicht diffamiert werden als Triebfeder einer extremistischen Bewegung".
Quelle: ntv.de, jwu/AFP